LAG Düsseldorf: Keine Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 27.03.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3151 Aufrufe

Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern und insbesondere des Betriebsratsvorsitzenden ist eine äußert sensible Angelegenheit. Die Grenzen, die hier das Ehrenamtsprinzips und das Begünstigungs- bzw. Benachteiligungsverbot setzen, sind gerade in jüngerer Zeit intensiv diskutiert worden (z.B. Joussen, Die Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder, RdA 2018, 193; Annuß, Das System der Betriebsratsvergütung, NZA 2018, 134). Demgegenüber wird der Frage, ob und in welchem Umfang der Betriebsrat in dieser Angelegenheit ein Mitspracherecht, weniger Aufmerksamkeit zuteil (hierzu aber immerhin Kania/Schulte-Wissermann, Mitbestimmung des Betriebsrats über seine Vergütung? NZA 2019, 78). Besondere Aufmerksamkeit verdient daher ein neues Urteil des LAG Düsseldorf (19.3.2019 – 8 TaBV 70/18, PM 10/19). Der zugrunde liegende Sachverhalt wird in der Pressemitteilung recht detailliert geschildert, soll hier aber nur in groben Zügen wiedergegeben werden. Im Mittelpunkt steht der der heutige Betriebsratsvorsitzende eines Unternehmens des öffentlichen Personennahverkehrs. Dieser ist dort seit fast 25 Jahren beschäftigt und über die Jahre vom Kfz-Mechaniker bis zum Abteilungsleiter aufgestiegen.

Mit der Betriebsratswahl 2014 wurde er in den Betriebsrat gewählt und übernahm den Vorsitz unter vollständiger Freistellung. Am 18.3.2015 unterzeichneten der damalige Geschäftsführer und ein leitender Personalmitarbeiter einen Vermerk, wonach der Betriebsratsvorsitzende ab dem 1.4.2015 in die EG 14 eingruppiert wurde. Dies entspreche der betriebsüblichen Entwicklung. Man gehe davon aus, dass er die Vorgaben für einen Einsatz als Leiter der Abteilung KfZ-Werkstätten erfülle. Anfang 2018 überprüfte die Arbeitgeberin die Eingruppierung. Sie ersuchte den Betriebsrat um Zustimmung zur Umgruppierung des Betriebsratsvorsitzenden in EG 11, welche der Betriebsrat verweigerte. Seit dem 1.4.2018 vergütet die Arbeitgeberin den Vorsitzenden nach EG 11, was eine monatliche Differenz von 1.673,73 Euro brutto ausmacht. Der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats sowie der Widerantrag des Betriebsrats, dass die Arbeitgeberin den Vorsitzenden ab dem 1.4.2018 nach EG 14 zu vergüten habe, blieben vor dem Arbeitsgericht und vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Es gehe nicht um eine Umgruppierung, d.h. um die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Entgeltschema. Vielmehr gehe es um die individualrechtlich zu beurteilende Frage, welche Vergütung dem Betriebsratsvor-sitzenden bei betriebsüblicher beruflicher Entwicklung (§ 37 Abs. 4 BetrVG) zustehe. Insoweit stellten sich mehrere Fragen: Traf es insoweit zu, dass dem Vorsitzenden wie von ihm behauptet, der damalige Geschäftsführer im November 2013 mündlich gesagt habe, dass die Zuweisung der Tätigkeit in der SI nur für zwei Jahre erfolge und er danach wieder Abteilungsleiter FK-U sein solle? Und wenn dies zutreffen sollte, ist diese Zusage wirksam oder aber eine verbotene und damit unwirksame Begünstigung (§ 78 Satz 2 BetrVG) des Vorsitzenden? Bei der Beantwortung dieser individualrechtlichen Fragen aus dem Rechtsverhältnis von Arbeitgeberin und Vorsitzenden bestehe kein Recht zur Mitbeurteilung gemäß § 99 BetrVG durch den Betriebsrat. Diese Fragen seien in einem (ebenfalls anhängigen) Individualverfahren zu klären.

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