Geschäftsgeheimnis vs Whistleblower-Schutz II: EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 11.04.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|5866 Aufrufe

Nahezu zeitgleich mit der Beratung und Verabschiedung des GeschGehG durch den Deutschen Bundestag (dazu gestern hier im BeckBlog) haben Europäisches Parlament und Rat einen politischen Kompromiss über eine EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern verständigt. Die Richtlinie soll sichere Wege für das Melden von Verstößen eröffnen und Vergeltungsmaßnahmen gegen Hinweisgeber erschweren. Sie gilt allerdings nur, wenn der Whistleblower Verstöße gegen das Unionsrecht offenlegt. Für Hinweise auf die Verletzung rein nationaler Bestimmungen gilt die Richtlinie nicht, weil der Union insoweit die Normsetzungskompetenz fehlt. Es steht allerdings schon jetzt zu erwarten, dass der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie überschießend umsetzen wird, um ein unterschiedliches Schutzniveau zu vemeiden.

In einer Pressemitteilung des Europäischen Parlaments heißt es dazu:

(Am 11.3.2019) erzielten das Parlament und der Rat eine vorläufige Einigung über die ersten EU-weiten Vorschriften zum Schutz von Hinweisgebern, wenn diese Verstöße gegen EU-Recht aufdecken, wie etwa Steuerbetrug, Geldwäsche oder Delikte im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen, Produkt- und Verkehrssicherheit, Umweltschutz, öffentlicher Gesundheit sowie Verbraucher- und Datenschutz.

Sicherheit bei Berichterstattung

Um die Sicherheit potenzieller Hinweisgeber und die Vertraulichkeit der offenbarten Informationen zu gewährleisten, dürfen Hinweisgeber in Zukunft Verstöße über interne und externe Kanäle melden. Je nach den Umständen des Falles können sich Hinweisgeber dann auch außerhalb ihrer Organisation direkt an die zuständige(n) nationale(n) Behörden sowie an die zuständigen Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der EU wenden. Nicht bestraft werden Hinweisgeber, die ihre Kritik öffentlich machen, wenn auf ihren ursprünglichen internen Hinweis keine Reaktion erfolgte. Ohne vorhergehende interne Meldung sind öffentliche Hinweise straffrei möglich, wenn eine unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit oder Vergeltungsmaßnahmen gegen die Hinweisgeber drohen.

Schutz vor Repressalien

Der vereinbarte Text verbietet ausdrücklich Repressalien und führt Schutzmaßnahmen ein, damit ein Hinweisgeber nicht entlassen, degradiert, eingeschüchtert oder in anderer Weise tätlich angegriffen wird. Auch geschützt wird, wer Hinweisgeber unterstützt. Die Mitgliedstaaten sollten den Hinweisgebern umfassende und unabhängige Informationen über Berichtswege und alternative Verfahren, kostenlose Beratung sowie rechtliche, finanzielle und psychologische Unterstützung zur Verfügung stellen. (...)

Nächste Schritte

Die vorläufige Vereinbarung muss von den Botschaftern der Mitgliedstaaten (AStV) und dem Rechtsausschuss bestätigt werden, bevor sie von Plenum und Rat endgültig verabschiedet wird. Die Richtlinie wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten.

 

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