Auch beim Fünften Senat des BAG keine Verzugspauschale (§ 288 Abs. 5 BGB)

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 17.06.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht3|3776 Aufrufe

Die Entscheidung des Achten Senats, dem Arbeitnehmer die 40-Euro-Verzugspauschale (§ 288 Abs. 5 BGB) zu versagen (BAG, Urt. vom 25.9.2018 - 8 AZR 26/18, NZA 2019, 121), ist nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen. Mehrere Instanzgerichte haben sich gegen diese Entscheidung gestellt und halten die Begründung des BAG, § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließe einen derartigen Anspruch aus, nicht für tragfähig.

Der Fünfte Senat des BAG macht sich diese Kritik nicht zu Eigen, sondern folgt der Argumentation des Achten Senats:

Der hiergegen erhobene Einwand (zuletzt ArbG Bremen-Bremerhaven, Urt. v. 20.11.2018 – 6 Ca 6390/17, BeckRS 2018, 34543 [zu II 3 b aa 5] mwN; Jesgarzewski, BB 2018, 2876), § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB müsse als nachträgliche Regelung einer eventuell vorher bestehenden Sonderregelung vorgehen (lex posterior derogat legi priori), übersieht, dass dieser Grundsatz nur dann gilt, wenn sich aus den Normzwecken der beiden Regelungen nichts anderes ergibt. Dies ist – wie ausgeführt – indes der Fall. Hinzu kommt, dass das Gesetzgebungsverfahren und die Gesetzesbegründung keine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen auf das Arbeitsrecht erkennen lassen. Soweit es dort heißt, die Pauschale umfasse ua die Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens entstehen, was der geltenden Rechtslage in Deutschland zum Ersatz von Rechtsverfolgungskosten entspreche (BT-Drs. 18/1309, 19), trifft dies für das allgemeine Zivilrecht zu. Dort sind Kosten, die dem Gläubiger durch die nach Eintritt des Verzugs erfolgte Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Forderungsdurchsetzung entstehen, ein in Kosten der Rechtsverfolgung begründeter Schaden, dessen Ersatz der Gläubiger gem. § 280 II iVm § 286 BGB verlangen kann (BGH, NJW 2018, 1324 = EuZW 2018, 252 Rn. 18). Für arbeitsrechtliche Streitigkeiten gilt dies allerdings – wie dargelegt (Rn. 48) – gerade nicht. Das Schweigen des Gesetzgebers zu den sich aus § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ergebenden Besonderheiten der Erstattungsfähigkeit von Beitreibungskosten im Arbeitsrecht und der allgemeine Hinweis auf die Erstattungsfähigkeit der Beitreibungskosten in allgemeinen zivilrechtlichen Streitigkeiten deuten danach darauf hin, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolgen des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gerade nicht ändern wollte. Anderenfalls hätte sich eine nähere Befassung mit der beabsichtigten Änderung der Rechtsfolgen des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG aufgedrängt.

BAG, Urt. vom 12.12.2018 - 5 AZR 588/17, NZA 2019, 775 Rn. 50

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3 Kommentare

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§ 288 Absatz 5 Satz 1 BGB dient der Umsetzung von Artikel 6 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2011/7/EU. Warum ist sich das Bundesarbeitsgericht offenbar einfach zu schade oder zu arrogant oder zu nochwas, derartige Auslegungsfragen gem. Art. 267 Abs. 3 AEUV dem EuGH vorzulegen, wie es das Gesetz befiehlt und die Verfassung unter dem Topos "gesetzlicher Richter" (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) vorschreibt? Die Arroganz und Rechts- bzw. Verfassungsvergessenheit des BAG ist eigentlich nicht mehr hinzunehmen und eines Rechtsstaats nicht mehr würdig!

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@Gast: Weil die Richtlinie nur für Verbraucherverträge gilt, der Arbeitnehmer aber im unionsrechtlichen Sinne - anders als nach nationalem Recht - kein Verbraucher ist.

@Prof. Dr. Rolfs, Sie haben Recht! Ich nehme alles zurück. Der EuGH kann in dieser Frage wohl nicht angerufen werden.

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