BGH: Zur Haftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten nach „Griff in die Kasse“

von Achim Kirchfeld, veröffentlicht am 28.06.2019

Der BGH hat mit Urteil vom 7. Mai 2019 (VI ZR 512/17) zu den Voraussetzungen Stellung genommen, unter denen eine insolvenzauslösende Entnahme des Geschäftsführers aus dem Gesellschaftsvermögen eine Direkthaftung gegenüber Gläubigern begründen kann.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Gesellschaft mit verschiedenen Geschäftspartnern Kontokorrentabreden getroffen. Danach sollten die Geschäftspartner nach Verrechnung von Einzelforderungen aus mehreren wechselseitigen Lieferungen ihre Guthaben zu einem festen Termin ausgezahlt erhalten. Vor Erreichen des Termins verursachte der Geschäftsführer durch betriebsfremde Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen die Insolvenz der Gesellschaft. Ausstehende Guthaben konnten nicht mehr ausgezahlt werden.

In seiner Entscheidung verneint der Senat auf Basis der getroffenen Feststellungen einen direkten Schadensersatzanspruch eines betroffenen Geschäftspartners gegen den Geschäftsführer und verweist die Sache zu erneuter Entscheidung zurück.

Kein Schadensersatz wegen sittenwidriger Treuepflichtverletzung

Verneint wird zunächst ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB wegen sittenwidriger Verletzung einer Treuepflicht. Zwar treffe den Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG eine Pflicht zur ordnungsgemäßen und gesetzestreuen Geschäftsleitung – dies allerdings nur gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber Dritten. Nichts anderes ergebe sich aus einigen älteren Entscheidungen, in denen der BGH eine Garanten- bzw. Treuepflicht des Geschäftsführers in Bezug auf Rechte von Vertragspartnern der Gesellschaft bejaht hatte (Nachweise in Rn. 14 des Urteils). Denn dort sei es – anders als hier – um die Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter gemäß § 823 Abs. 1 BGB gegangen. Schließlich ergebe sich eine Treuepflicht des Geschäftsführers auch nicht aus der Kontokorrentabrede. Denn diese verpflichte nur die GmbH als Vertragspartnerin, nicht dagegen den Geschäftsführer persönlich.

Kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Untreue

Ebenso wenig gegeben sei ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die GmbH Gelder der Geschäftspartner treuhänderisch zu verwahren gehabt und der Geschäftsführer insofern eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB verletzt habe.

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