Rechtsmittelrücknahme durch den Wahlverteidiger - wirksam, auch wenn der Pflichti das nicht will!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.07.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|6708 Aufrufe

Schon ganz interessant: Der BGH musste sich mit einem Fall befassen, in dem der Pflichtverteidiger des Verurteilten Rechtsmittel einlegte, der Wahlverteidiger dieses Rechtsmittel jedoch zurücknahm. Was nun?

 

 Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen
wegen ... zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Pflichtverteidiger des Angeklagten mit Schriftsatz vom 13. November 2018 fristgerecht Revision eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz vom 31. Januar 2019 begründet. Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2018 hat Rechtsanwalt G. unter Vollmachtsvorlage angezeigt, den Angeklagten nunmehr zu vertreten und beantragt, den Pflichtverteidiger zu entpflichten. Mit weiterem Schriftsatz vom 23. Januar 2019 erklärte Rechtsanwalt G.  nach erfolgter Akteneinsicht, dass er die Revision zurücknehme. Der Pflichtverteidiger, dessen Bestellung mit Beschluss vom 7. Februar 2019 zurückgenommen wurde, hat mit Schriftsatz vom 1. Februar 2019 „klargestellt, dass die (…) Revision nicht zurückgenommen“ werde.

Der Angeklagte hat die Revision durch seinen Verteidiger wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO) und ist deshalb des Rechtsmittels verlustig. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Der Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung steht nicht entgegen, dass dem Wahlverteidiger nur in der Strafprozessvollmacht die allgemeine Ermächtigung erteilt worden ist, „Rechtsmittel (…) zurückzunehmen“, denn er war für die Durchführung des Revisionsverfahrens beauftragt worden (vgl. BGH Beschluss vom 23. April
1998 – 4 StR 132/98, NStZ 1998, 531 mwN). Die durch Rechtsanwalt G. deshalb wirksam erfolgte Rechtsmittelrücknahme ist als Prozesshandlung weder widerruflich noch anfechtbar; sie
erstreckt sich auch auf die von dem Pflichtverteidiger des Angeklagten eingereichte Rechtsmittelerklärung
(vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 1995 – 3 StR 201/95, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 15).“

Dem schließt sich der Senat an (vgl. auch Senat, Beschluss vom
31. August 2016 – 2 StR 267/16) und stellt die eingetretene Rechtsfolge durch
deklaratorischen Beschluss fest, da die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in
Zweifel gezogen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2019
– 3 StR 6/19 mwN).

 

BGH, Beschluss vom 7.5.2019 - 2 StR 142/19

 

 

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