OLG München: Zum Gesamtschuldnerausgleich bei einer kartellrechtlichen Geldbuße (Calciumcarbid II)

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 05.07.2019

Das OLG München hat mit Urteil vom 11. April 2019 (U 3283/11 Kart, BeckRS 2019, 11868) zu Einzelheiten des Innenausgleichs bei einer gegen drei Gesellschaften als Gesamtschuldner verhängten Kartellgeldbuße Stellung genommen. Die Gesellschaften standen ursprünglich in einem Konzernverhältnis, so dass sie kartellrechtlich als wirtschaftliche Einheit angesehen wurden. Nach Beendigung des Konzernverhältnisses verlangte die Obergesellschaft von einer früheren Tochtergesellschaft, die maßgeblich an dem Kartell beteiligt war, eine Erstattung des von ihr bereits beglichenen Bußgeldes.

Zu den vom BGH vorgegebenen Grundsätzen des Innenausgleichs

Der BGH hatte sich bereits 2014 mit dem Sachverhalt befasst und die Grundsätze des Innenausgleichs nach § 426 Abs. 1 BGB festgelegt. Der Ausgleich richte sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Beteiligten und die für die Bemessung der Geldbuße maßgeblichen Tatsachen zu berücksichtigen seien. Zu letzteren gehörten der aufgrund der Zuwiderhandlung erzielte wirtschaftliche Erfolg sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beteiligten (BGH, Urteil vom 18. November 2014, KZR 15/12, BeckRS 2015, 33).

Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

Bezüglich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hatte der BGH auf die Regelung des Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr.1/2003 verwiesen, nach dem die Geldbuße einen Betrag von 10 % des Umsatzes des „Unternehmens“ im Jahr vor der Bußgeldentscheidung nicht überschreiten darf. Grundsätzlich wird „Unternehmen“ hier als die wirtschaftliche Einheit verstanden (vgl. ebenso in § 81 Abs. 4 GWB). Der BGH hatte dazu einerseits ausgeführt, dass die Bußgeldobergrenze nach Sinn und Zweck des Gesamtschuldnerausgleichs auch für die einzelnen juristischen Personen gelten müsse. Anderseits hatte er auf Rechtsprechung der Unionsgerichte verwiesen, wonach die Bußgeldobergrenze auf die wirtschaftliche Einheit anzuwenden ist. Das OLG hat die Bußgeldobergrenze dann letztendlich auf die einzelne juristische Person angewendet.

Im konkreten Fall führte dies dazu, dass die direkt am Kartell beteiligte frühere Tochtergesellschaft, die aufgrund ihrer Verursachungsbeiträge an sich das Bußgeld hätte alleine tragen müssen, im Innenverhältnis nur in Höhe von ca. 50 % des Bußgeldes von ihrer früheren Muttergesellschaft haftbar gemacht werden konnte.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen