Daimler-Chef verurteilt Rassismus in eigenen Reihen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 01.08.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht6|4438 Aufrufe

Daimler-Vorstandschef Ola Källenius hat rechte Umtriebe im Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim scharf kritisiert. „Daimler ist nicht nur ein Innovations- und Jobmotor, sondern auch ein Motor für Integration", schrieb Källenius in einer auf deutsch und englisch veröffentlichten Erklärung des Unternehmens. Damit reagierte der Manager erstmals öffentlich auf ein Video der Gruppierung "Zentrum Automobil", die sich selbst als "unabhängige Gewerkschaft" bezeichnet. Darin wird die Entlassung von zwei Daimler-Beschäftigten als „völlig absurd“ bezeichnet. Ihnen wurde im vergangenen Jahr gekündigt, weil sie einem türkischstämmigen Kollegen und Funktionär der IG Metall über Monate hinweg über den Messengerdienst Whatsapp Hitler- und Hakenkreuz-Bilder sowie verächtliche Bilder über Moslems zugesandt haben sollen.

"In der Regel äußern wir uns nicht zu Kündigungen und laufenden Kündigungsschutzverfahren", heißt es in der Daimler-Mitteilung. Der Film habe aber Irritationen verursacht. "Im Film kommt es aus Unternehmenssicht zu einer äußerst bedenklichen Verzerrung der Wahrnehmung zwischen Opfern und Tätern." Källenius erklärte weiter, der Autohersteller sei so divers wie seine Kunden. "Deshalb haben Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz bei uns keinen Platz."

Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht sagte, Rechtsextremismus habe bei Daimler nichts zu suchen. Es gebe auch keinen rechtsfreien Raum, wozu sich das Unternehmen durch die ausgesprochenen Kündigungen auch klar bekannt habe. „Die WhatsApp-Nachrichten verstoßen gegen unser Grundgesetz, was das Arbeitsgericht bestätigt hat.“ Daimler teilte weiter mit, das Unternehmen habe die Kündigungsverfahren in erster Instanz gewonnen. „Das Gericht hat in den Urteilsbegründungen das rassistische und fremdenfeindliche Verhalten bestätigt." In Deutschland gehören nach Brechts Angaben bei Daimler elf von insgesamt 755 Betriebsräten der Betriebsratsgruppe "Zentrum Automobil" an. "

(Quelle: u.a. Spiegel/dpa)

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6 Kommentare

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Ich habe den Bericht bei Monitor gesehen. Da finde ich die Äußerung von der Führung eigentlich noch zu harmlos. Wie die "Zentrum Automobil" in dem Ausschnitt einen anderen Gewerkschaftsvertreter angegangen ist, der versucht hatte, ihnen den Kündigungssachverhalt zu erklären, war schockierend. Das wirkte wirklich bedrohlich, extrem aggressiv und so, als ob da man da noch bei einigen Mitarbeitern Kündigungen ins Auge fassen muss.

Besonders schockierend ist es aber, dass der gemobbte Mitabeiter nun im Privatleben noch bedroht wird. Das ist schon ein erhebliches rechtes Gefährdungspotential bei einigen Mitarbeitern, das offenbar noch deutlich über das arbeitsrechtliche Verhältnis hinaus geht.

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Das ist nur zum Teil zutreffend. Selbstverständlich muss der Arbeitgeber eingreifen, wenn über längere Zeit hinweg Mobbing stattfindet und dieses (trotz vorheriger Abmahnung!) nicht unterbleibt. Selbstverständlich ist auch die Verwendung von NS-Zeichen strafbar und kann zur Kündigung führen. Aber eine "rechte Gesinnung" ist nichts Strafbares, ebenso wie eine "linke Gesinnung". Ein Betriebsrat hat auch das Recht, sich offensiv für die Belange eines gekündigten Mitarbeiters einzusetzen, selbst wenn dieser ein "Rechter" ist. Und wenn es politischen Dissens zwischen "linken" und "rechten" Gewerkschaftern gibt und die einen die Erklärungen der anderen  für die Kündigung nicht akzeptieren und verbal attackieren, so ist das zulässiges gewerkschaftliches und politisches Verhalten und nicht etwa "bedrohlich" und "extrem aggressiv" und "kündigungswürdig". Zumal die Kündigung eines Betriebsrates selbst dann ausgeschlossen erscheint, wenn er ein böser rechter Betriebsrat ist und sich mit einem guten linken Betriebsrat verbal streitet. Das fällt durchaus noch unter zulässige Streitkultur und rechtfertigt jedenfalls nicht die Kündigung eines Betriebsrates durch den Arbeitgeber, wie oben gefordert wird.

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Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht sagte, Rechtsextremismus habe bei Daimler nichts zu suchen. Es gebe auch keinen rechtsfreien Raum, wozu sich das Unternehmen durch die ausgesprochenen Kündigungen auch klar bekannt habe.

Ich kenne die Causa nicht und habe auch keine Filme etc. gesehen. Grundsätzlich meine ich aber, man sollte "rechte" Positionen diskutieren und nicht ausgrenzen. Bernhard Schlink hat kürzlich (1.8.2019) in der FAZ einen sehr lesenswerten Aufsatz ("Der Preis der Enge - Wie der gesellschaftliche und politische Mainstream die Rechten stärkt") veröffentlicht, der irgendwie untergegangen ist und bisher wenig Erwähnung fand. Er schreibt abschließend:

Wenn das rechte Spektrum sich nicht weiter isolieren und etablieren soll, muss der Mainstream sich auf es einlassen. Er muss mit ihm kommunizieren... Die Engführung des Mainstreams, die Kommunikationslosigkeit zwischen ihm und den Rechten und der AfD hatte und hat ihren Preis. Sie hat die Rechten und die AfD nicht schwächer gemacht, sondern stärker. Sie hat auch dem Mainstream nicht gutgetan. Als er weit, offen, vielfältig war, war er lebendig. Je enger er wurde, desto moralisch anmaßender und intellektuell langweiliger wurde er.

Jedenfalls bringt es gar nichts, immer nur zu kündigen (wie kürzlich auch den "Hausmeister" bei der Bundeswehr). Das hilft gar nichts und schadet nur. Und besteht auch gar keine Gefahr, dass die Bundeswehr oder Daimler mit den "rechten" Positionen identifiziert werden. Die Scheu, von Meinungen infiziert, mit Meinungen identifiziert zu werden, obwohl sich die Distanz zu ihnen von selbst versteht, lässt eine eigentümliche Angst um die Bewahrung der eigenen Identität erkennen (Schlink). Also: Bernhard Schlink lesen und nachdenken!

Daimler hat klare Kante gegen Nazis gezeigt. Gut so. Und unsere Kollegen in Untertürkheim haben gezeigt, dass auch der Hauch rechter Gesinnung in unserem Werk nichts verloren hat. Das Nazi-Nest ist aufgeflogen, auch dank des couragierten Verhaltens unseres türkischen Kollegen, der der IGM und dem Arbeitgeber die entscheidenden Informationen geliefert hat!

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 Damit reagierte der Manager erstmals öffentlich auf ein Video der Gruppierung "Zentrum Automobil" ...

Wo findet sich denn dieses Video? Kann man es irgendwo sehen, damit man sich darüber eine eigene Meinung bilden kann? Und wo findet sich das Urteil? Man kann doch nicht ohne Benennung der Quellen über Dinge diskutieren, die man gar nicht kennt!

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