Das Bundesverfassungsgericht billigt die Mietpreisbremse - und dann auch bald den "Mietendeckel"?

von Dr. Michael Selk, veröffentlicht am 21.08.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtMiet- und WEG-Recht51|33017 Aufrufe

Was im Ergebnis zu erwarten war: das BVerfG hat mit Beschluss vom 18.7.2019 (1 BvL 1/18; 4/18; 1 BvR 1595/18) sowohl den Normenkontrollantrag als auch die Verfassungsbeschwerde gegen die Neuregelungen zur Mietpreisbremse (§ 556d BGB) "abgeschmettert" (vgl. https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2019/07/lk20190718_1bvl000118.html;jsessionid=FA168717B67993AF0C6D153675978C5C.2_cid361) .

Das Ergebnis überrascht hier nicht. Allerdings sind die Begründungen für beide Verfahren aus unterschiedlichen Gründen bemerkenswert. 

So hält die dritte Kammer des ersten Senats des BVerfG die Vorlagen der ZK 67 des LG Berlin schon für unzulässig. Karlsruhe meint, das LG habe schon nicht hinreichend dargelegt, warum es von der Unvereinbarkeit der Norm mit der Verfassung überzeugt ist. Das BVerfG fordert insbesondere weitere Sachaufklärung hinsichtlich der Verschiedenheit der örtlichen Wohnungsmärkte und der dort ohne Mietpreisbremse jeweils erzielbaren Miete. Auch wenn das BVerfG hier seine sehr strenge Rechtsprechung (Anforderungen an die Zulässigkeit einer konkreten Normenkontrolle) "konsequent" fortsetzt, so überspannt es m.E. die Anforderungen schon an die Zulässigkeit einer Vorlage doch zu sehr. Insbesondere führt diese restriktive Linie zu einer Überprüfung der Tatsachengrundlage, was aber letztlich mit der Stellung und den Aufgaben des BVerfG nicht wirklich vereinbar ist.

In materiell-rechtlicher Hinsicht interessanter sind da schon die Ausführungen zur Verfassungsbeschwerde, die keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung haben soll und daher nicht angenommen wird. Das BVerfG sieht in § 556d BGB eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, Art. 14 GG.Die Norm sei verhältnismäßig und stelle einen gerechten Ausgleich zwischen den wechselseitigen Interessen bzw. Rechtsgütern von Mieter und Vermieter her. Zudem stelle die Nichterzielbarkeit einer höchst möglichen Rendite schon keinen Eingriff in die Eigentumssubstanz dar.Auch sei eine Verletzung des Art. 3 I GG nicht gegeben. Das BVerfG zweifelt bereits an einer Ungleichbehandlung gleich gelagerter Sachverhalte, meint aber, jedenfalls wäre eine solche Ungleichbehandlung, läge sie vor, gerechtfertigt.Auch hier sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt.

Schließlich sei auch die zugrundeliegende Rechtsverordnung hinreichend bestimmt.

Viele der Ausführungen lesen sich lehrbuchhaft - aber auch durchaus "transportabel": die auch hier erfolgte Diskussion um den Berliner "Mietendeckel" bekommt vom Senat durchaus Hinweise, wie ein solches Verfahren ausgehen dürfte. Denn zahlreiche Sätze sind auf die Problematik um den "Mietendeckel" durchaus übertragbar. Der Eindruck bleibt, dass das BVerfG den Spielraum des Gesetzgebers erneut sehr betont. Ich wage einmal die Prognose, dass - abgesehen von dem Problem der Rückwirkung, wie schon an anderer Stelle erörtert - auch der "Mietendeckel" in Karlsruhe bestand haben wird.

 

 

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Die LTO-Presseschau:

LG Berlin zu Schattenmieten: Rechtsprofessor Florian Rödl und Research Assistant Selma Gather kritisieren auf dem Verfassungsblog ein Urteil der 65. Zivilkammer des Landgerichts Berlin von voriger Woche. Die Kammer nahm an, dass der Berliner Mietendeckel nicht die Vereinbarung von überhöhten Mieten verhindere, sondern nur das Einfordern und Entgegennehmen dieser Mieten. Dies würde aber, so die Kritik, nach Auslaufen des Gesetzes 2025 zu schlagartigen und gewaltigen Mieterhöhungen führen. Richtig sei es dagegen, den Mietendeckel als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 Bürgerliches Gesetzbuch zu sehen. 

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