LG Heidelberg: Zur Schadensersatzpflicht eines nicht wirksam bestellten besonderen Vertreters (Gelita AG)

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 04.11.2019

Das LG Heidelberg hat mit Urteil vom 28. August 2019 (12 O 8/19 KfH, BeckRS 2019, 24589) einen nicht wirksam bestellten besonderen Vertreter (§ 147 Abs. 2 AktG) zum Ersatz des Schadens verurteilt, der der Gesellschaft im Zusammenhang mit einem von dem Vertreter erfolglos geführten Prozess entstanden ist.

Die Hauptversammlung hatte den besonderen Vertreter bestellt, um Ansprüche gegen Aktionäre wegen zu Unrecht erhaltener Dividenden gemäß § 62 Abs. 1 AktG geltend zu machen. Der besondere Vertreter hatte demnach Klage gegen die Aktionäre sowie ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder erhoben. Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen, weil die Hauptversammlungsbeschlüsse zur Bestellung des besonderen Vertreters für nichtig erachtet wurden (OLG Karlsruhe vom 14. März 2018, 11 U 35/17). Für Ansprüche gegen Aktionäre wegen unberechtigter Dividendenzahlung sei die Hauptversammlung von vornherein nicht entscheidungsbefugt. Die Gesellschaft war bei der Klageerhebung insofern nicht wirksam vertreten.

Die Kammer hat nun entschieden, dass der fehlerhaft bestellte besondere Vertreter die Unkosten, die der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit entstanden sind – Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten in Höhe von rund EUR 1,5 Mio. – zu ersetzen habe. Denn der besondere Vertreter hafte nach den Grundsätzen der fehlerhaften Organbestellung nach §§ 93 Abs. 2, 116 AktG analog und habe schuldhaft gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen.

Der besondere Vertreter sei zur Prüfung der Erfolgsaussichten des gerichtlichen Vorgehens verpflichtet gewesen. Da § 147 AktG keine Möglichkeit eröffnet, Ansprüche nach § 62 AktG geltend zu machen, hätten sich Zweifel an einer wirksamen Bestellung des besonderen Vertreters ergeben müssen. Die Erhebung der unzulässigen Klage sei eine Pflichtverletzung. Der besondere Vertreter habe auch deshalb sorgfaltswidrig gehandelt, weil er die Hauptversammlung nicht darüber informierte, dass seine Prozessfähigkeit zweifelhaft war. Dadurch habe er der Hauptversammlung die Möglichkeit genommen, die Beschlüsse zu revidieren.

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