§ 807 BGB & § 3 Abs. 13-15 UStG: Gutscheine als Danaergeschenke

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 30.11.2019

Gutscheine gelten als die klassischen Verlegenheitsgeschenke. Erstmals in diesem Jahr könnten sie auch in der Buchhaltung für Verlegenheit sorgen: mit § 3 Abs. 13 bis 15 UStG hat der Steuergesetzgeber mit Wirkung vom 1.1.2019 die steuerliche Behandlung von Gutscheinen geregelt. Buchhalter/innen sollten dies zum Anlass nehmen, die korrekte Verbuchung zu überprüfen, noch ist die letzte Voranmeldung des Jahres nicht erfolgt. Juristen könnten darüber nachdenken, ob die Verfahrensanweisungen für Mitarbeiter/innen an der Kasse noch stimmen? Denn nach dem Weihnachtsgeschäft kommt die Einlösung der Gutscheine.

Nicht jeder "Gutschein" muss eingelöst werden. Der "Gutschein für ein kostenloses Probetraining" begründet als Werbegutschein keinen Anspruch, ist also auch nicht zu buchen. Der "Nachlassgutschein", beispielsweise in der Form von Treupunkten, ist eine "invitatio ad offerendum". Diese kommt zivilrechtlich und buchhalterisch erst beim Abschluss des Vertrags zum Tragen. Genossenschaftliche Rückvergütungen bestimmen sich nach den Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes und damit auch deren Aktivierung und Passivierung. 

Juristisch interessant sind Leistungsgutscheine. Diese begründen einen Anspruch in der Form des kleinen Inhaberpapiers (§ 807 BGB). Sie unterliegen damit der Regelverjährung nach § 195 BGB.

Umsatzsteuerlich können Leistungsgutscheine in Einzweckgutscheine (§ 3 Abs. 14 UStG) und Mehrzweckgutscheine (§ 3 Abs. 15 UStG) unterschieden werden. Einzweckgutscheine führen aufgrund der gesetzlichen Regelung bereits beim Erwerb zum Vorsteuerabzug, Mehrzweckgutscheine erst bei Einlösung.
Dies kann Umbuchungen bei den als Sachbezug (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) beliebten Tankgutscheinen für Arbeitnehmer/innen erforderlich machen, um den Vorsteuerabzug zu sichern.

Nach hier vertretener Auffassung stellen Leistungsgutscheine Verbindlichkeiten i.S.d. § 25 HGB dar, sie müssen daher auch nach einer Unternehmensübernahme vom neuen Inhaber eingelöst werden.

Gutscheine können aber auch bei der Abgeltung öffentlich-rechtlicher Toilettenpflichten (§ 5 Gaststättengesetz, Gaststättenverordnungen der Länder) dienen, wenn beispielsweise eine benachbarte Pachttoilette genutzt werden darf.

Wettbewerbsrechtlich geklärt ist die Zulässigkeit der Einlösung von Gutscheinen der Wettbewerber (BGH vom 23.06.2016 - I ZR 137/15).

Von Apotheken im Inland ausgegebene Gutscheine dürfen jedoch nicht das Verbot von Werbegaben i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) aushebeln (BGH v. 06.06.2019, I ZR 206/17 und I ZR 60/16). Diese Entscheidungen dürften durch die angekündigte Lockerung des Apothekenrechts durch Art. 129 Abs. 3 Satz 3 SGB V i.d.F. Reg-E eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken vom 17.07.2019 überholt sein.
Solange jedoch die Buchpreisbindung gilt, dürfen Buchhändler diese auch nicht durch die Ausgabe von Nachlassgutscheinen umgehen.

----- Literaturhinweis: Koss, DB 2019, S. 2593 ---

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