Aktualisierte Glass Lewis Proxy Paper Guidelines für deutsche Hauptversammlungen

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 16.12.2019

Nach Aktualisierung der ISS Proxy Voting Guidelines (siehe den Beitrag von Klaus von der Linden vom 28. November 2019) hat auch der Stimmrechtsberater Glass Lewis eine Version 2020 seiner Proxy Paper Guidelines Germany veröffentlicht. Berücksichtigt sind darin u. a. die Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) aus Mai 2019 und die Rechtslage nach Inkrafttreten des ARUG II.

Vorstandsvergütung: Fortführung der DCGK-Mustertabellen

Den geplanten Wegfall der noch im DCGK 2017 enthaltenen Mustertabellen zur Darstellung der Vorstandsvergütung hatte Glass Lewis bereits im Rahmen der Kodex-Konsultation kritisiert. Nun übernimmt Glass Lewis die Tabellen faktisch in die eigenen Richtlinien und äußert die Erwartung, dass das Format auch nach Inkrafttreten des DCGK 2019 genutzt wird.

Auf einer Linie mit dem DCGK 2019 liegt dagegen die Ankündigung, im Vergütungssystem keine Erhöhungen allein auf Basis einer Vergleichsgruppenanalyse zu akzeptieren. Ferner soll dem Aufsichtsrat vorbehalten sein, die Vergütung aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse zu reduzieren, einzubehalten oder zurückzufordern. Änderungen des Vergütungssystems anlässlich des DCGK 2019 sollen schrittweise bei Neuabschlüssen der Vorstandsverträge (und nicht zwingend in laufenden Verträgen) berücksichtigt werden.

Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern

Als „affiliated“ – und damit nicht mehr unabhängig – betrachtet Glass Lewis ein Aufsichtsratsmitglied nunmehr u. a. nach zwölf Jahren (bislang: 15 Jahren) ununterbrochener Amtsdauer (vgl. auch Empfehlung C.7 des DCGK 2019). Zusammen mit den hierauf aufbauenden Vorstellungen zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse möchte Glass Lewis diese Grenze jedoch nicht als zwingendes Ausschlusskriterium anwenden. Sofern die Unabhängigkeit und regelmäßige Erneuerung („refreshment“) des Gremiums auf andere Weise sichergestellt sei, werde keine ablehnende Abstimmungsempfehlung ausgesprochen.

Aufsichtsratsneuwahl und Wechsel des Aufsichtsratsvorsitzenden

Für den Fall, dass bei Neuwahlen zum Aufsichtsrat der amtierende Vorsitzende nicht mehr zur Wahl steht und vorab kein Kandidat als Nachfolger bekannt gegeben wird, stellt Glass Lewis in Aussicht, für die Abstimmungsempfehlung zu unterstellen, dass jeder einzelne Kandidat als Aufsichtsratsvorsitzender in Betracht kommt. Negativ ins Gewicht fallen könne dies insbesondere für Kandidaten mit weiteren Organämtern sowie bei Kandidaturen früherer Geschäftsleitungsmitglieder. Insofern erwartet Glass Lewis auch weiterhin eine rechtzeitige Bekanntmachung entsprechend Ziff. 5.4.3 S. 3 DCGK 2017.

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