Absehen vom Fahrverbot wegen beruflicher Härten: Erst Schonfrist und Hilfsmöglichkeiten prüfen!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.12.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|2461 Aufrufe

Ein Fahrverbotsklassiker: Unter welchen Voraussetzungen kann man wegen feststellbarer (!) Härten vom Fahrverbot absehen? Hierfür muss sich das AG ausführlich mit der gesamten Lage des Betroffenen befassen:

 

Das Amtsgericht hat sich nicht damit auseinander gesetzt, weshalb es dem Betroffenen auch wegen des nach Sachlage zu gewährenden Vollstreckungsaufschubs nach § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG tatsächlich nicht möglich und zumutbar sein sollte, den Beginn des Fahrverbotes innerhalb des zeitlichen Rahmens von vier Monaten zumindest teilweise auf einen ihm günstigeren Zeitpunkt etwa in einer erfahrungsgemäß umsatzschwächeren Phase oder in seinen Urlaub zu legen und dadurch ggf. in Kombination mit weiteren innerbetrieblichen Überbrückungsmaßnahmen die Auswirkungen des Fahrverbotes jedenfalls soweit abzumildern, dass ein Verlust der wirtschaftlichen Existenz sicher abzuwenden wäre. In diesem Zusammenhang erscheint auch die Frage klärungsbedürftig, wie der Betroffene ansonsten Urlaubs - und Krankheitszeiten handhabt. Der Betroffene lebt in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus zumutbar, dass er erforderlichenfalls für die Dauer des Fahrverbotes sich eines Aushilfsfahrers (z.B. auch eines Familienangehörigen bzw. Studenten oder Schülers) bedient (vgl. KG, Beschluss vom 7.12.2015 - 162 Ss 122/15 bei juris). Hierfür erforderliche Mittel muss sich der Betroffene ggf. durch Kredit beschaffen (OLG Bamberg, Beschluss vom 22.02.2017 - 3 Ss OWi 178/17 bei juris). Auch hierzu verhält sich das angefochtene Urteil nicht.

BayObLG BeckRS 2019, 28173

 

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Die LTO-Presseschau:

BayObLG zu Fahrverbot: Auf community.beck.de (Carsten Krumm) findet sich ein Urteil des Bayerischen Oberlandesgerichts zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Gericht wegen feststellbarer Härten von einem Fahrverbot absehen kann. Erforderlich ist demnach, dass sich das Gericht ausführlich mit der gesamten Lage des Betroffenen befasst.

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