Was der schöne 7er-BMW mit dem Augenblicksversagen zu tun hat

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 30.12.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1855 Aufrufe

Augenblicksversagen ist ein Klassiker der Fahrverbotsrechtsprechung. Wer ohne weiteres Vorverschulden einen kurzen Moment unaufmerksam war und deshalb einen Geschwindigkeitsverstoß begangen hat, der kann sich u.U. erfolgreich auf ein solches Augenblicksversagen berufen. Mit einem 7er-BMW dagegen bei der ersten Fahrt eher nicht ;-) 

 

cc) Soweit das Amtsgericht darüber hinaus vom Vorliegen eines sog. Augenblicksversagens ausgeht, begegnet auch dies durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Wie der Tatrichter im Ansatz zutreffend erkennt, kann einem Kraftfahrzeugführer das für ein Fahrverbot erforderliche grob pflichtwidrige Verhalten dann nicht vorgeworfen werden, wenn der Grund für die von ihm begangene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung darin liegt, dass er das die Höchstgeschwindigkeit begrenzende Zeichen nicht wahrgenommen hat, es sei denn, gerade diese Fehlleistung beruhe ihrerseits auf grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit. Das Maß der Pflichtverletzung hängt davon ab, wie sehr dem Betroffenen das Übersehen des Schildes zum Vorwurf gereicht (BGH, Beschluss vom 11.09.1997 - 4 StR 638/96). Mit der Möglichkeit eines Übersehens eines die Geschwindigkeit beschränkenden Verbotszeichens muss sich der Tatrichter aber nur dann auseinandersetzen, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte bestehen oder der Betroffene sich hierauf beruft. Insoweit teilt das Urteil aber weder eine diesbezügliche Einlassung des Betroffenen mit noch wird deutlich, worin der „sehr gute“ Ausbauzustand der Bundesstraße an der Messstelle im Einzelnen bestehen soll. Selbst wenn es insoweit nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe naheliegend erscheinen mag, dass die Bundesstraße am Tatort zweispurig mit getrennten Fahrspuren ausgebaut ist, so kommt die Annahme eines Augenblicksversagens aber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn das die Geschwindigkeitsbegrenzung anordnenden Verkehrsschild wiederholt oder wenn ein sog. Geschwindigkeitstrichter angebracht war (BGH a.a.O.). Zur Beschilderung an und vor der Messstelle verhält sich das angefochtene Urteil indes mit keinem Wort. Soweit der Tatrichter in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass der Betroffene nicht widerlegbar das erste Mal mit einem „7er BMW“ unterwegs war, vermag auch dieser Umstand das Absehen von einem Regelfahrverbot nicht zu rechtfertigen. Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend ausführt, stellt der Tatrichter bereits nicht fest, welche Art von Fahrzeug der Betroffene üblicherweise benutzt. Darüber hinaus vermag es einen Betroffenen regelmäßig auch nicht zu entlasten, wenn er eine Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem ihm unbekannten Fahrzeug verübt. Vielmehr erfordert eine solche Situation im besonderen Maße die Aufmerksamkeit eines Betroffenen und vermag ein sog. Augenblicksversagen nicht zu begründen (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 17.07.2012 - 3 Ss OWi 944/12 = DAR 2012, 528 = ZfSch 2012, 648 = OLGSt StVG § 25 Nr. 52 = VerkMitt 2013, Nr 3).

 

BayObLG BeckRS 2019, 28173

 

 

 

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