Schüth zum x-ten Mal - BAG weist Klage ab

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 11.01.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht2|3328 Aufrufe

Der Fall Schüth hat Rechtsgeschichte geschrieben und wie kaum ein anderer die Instanzen beschäftigt. Wir haben über die vielen Jahren regelmäßig an dieser Stelle darüber berichtet. Immer, wenn man dachte, der Rechtsstreit sei nun endgültig zu einem Abschluss gekommen, ging es doch noch eine Runde weiter. Deswegen sei hier nur vermeldet, dass Herr Schüth zuletzt beim BAG (19. Dezember 2019 - 8 AZR 511/18, PM 47/19) keinen Erfolg hatte.

Zur Erinnerung: Herr Schüth war langjährig bei der beklagten katholischen Kirchengemeinde (Beklagte zu 1.) als Organist, Chorleiter und Dekanatskantor beschäftigt. Im Jahr 1994 trennte er sich von seiner Ehefrau und ging eine neue Partnerschaft ein, aus der ein Kind hervorging. Nachdem die Kirchengemeinde hiervon erfahren hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. März 1998 mit der Begründung, der Kläger habe gegen den Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe verstoßen und seine Loyalitätsobliegenheiten ihr gegenüber grob verletzt. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. In diesem Verfahren trat das beklagte Bistum (Beklagter zu 2.) auf Seiten der Beklagten zu 1. als Streithelfer bei. Das durch mehrere Instanzen geführte Verfahren endete im Jahr 2000 mit einer Klageabweisung. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm das BVerfG nicht zur Entscheidung an. Im Jahr 2003 erhob Herr Schüth beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Individualbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland. Mit Urteil vom 23. September 2010 stellte der EGMR einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK) fest und sprach dem Kläger mit Urteil vom 28. Juni 2012 gemäß Art. 41 EMRK eine Entschädigung iHv. 40.000,00 Euro zu. Eine von diesem im Jahr 2010 erhobene Restitutionsklage gegen die Entscheidung im Kündigungsschutzprozess blieb sowohl vor dem LAG als auch vor dem BAG erfolglos. Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm das BVerfG nicht zur Entscheidung an. Eine vom Kläger im Jahr 2013 erhobene Klage auf Wiedereinstellung blieb ebenfalls in allen Instanzen erfolglos.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger von den Beklagten die Zahlung der Vergütung, die ihm aufgrund der Kündigung zum 31. März 1998 entgangen ist, sowie einen Ausgleich entgangener Rentenansprüche als Schadenersatz. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, im Kündigungsschutzprozess sei ein klares Fehlurteil gefällt worden, weil der geltend gemachte Kündigungsgrund von der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse, die hier allein maßgeblich sei, offensichtlich nicht umfasst sei. Dies sei seit deren Inkrafttreten für jedermann offensichtlich gewesen. Die Beklagten hätten durch ihr Verhalten und Vorbringen im Kündigungsschutzprozess in sittenwidriger Weise bewirkt, dass die Kündigungsschutzklage abgewiesen worden sei. Das ArbG und das LAG Düsseldorf hatten diese Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Stehe eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtskräftig fest, könnten Schadensersatzansprüche, die auf den Ersatz entgangenen Entgelts sowie entgangener Rentenansprüche gerichtet sind, allenfalls bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung iSv. § 826 BGB durch den Kündigenden in Betracht kommen. Die Annahme des LAG, dass die Voraussetzungen des § 826 BGB nicht vorliegen, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

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2 Kommentare

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Auf jeden Fall kein Ruhmensblatt der deutschen Justiz, wenn der EGMR einen so hohen Schadenersatz zuspricht. Aber danach hätte Herr Schüth einfach mal einsehen müssen, dass es damit auch sein Bewenden hat.

Die Sache dürfte der katholischen Kirche aber mehr geschadet haben als zehn Lebensgehälter eines Organisten. Wenn der Vorwurf, mit gespaltener Zunge zu sprechen, irgendwo einen Sinn ergibt dann hier, wo ein Mensch, der sich im Rahmen der Gesetze ordentlich verhalten hat, offensichtlich aus der Bahn geworfen wird, während nachhaltiger Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Amtsträger offenbar von derselben Kirche Jahrzehnte lang gedeckt wurde.

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