"Verwaltungsrechtliche" Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen: Verwertbarkeit des Protokolls eines HVT im Strafverfahren

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 20.01.2020
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|2336 Aufrufe

Die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen war im Verwaltungsverfahren zu prüfen. Da war es praktisch, das Protokoll eines Strafverfahrens zu verwerten, um hieraus Erkenntnisse "gegen" den Fahrerlaubnisinhaber zu erlangen. Aber: Durfte man dies? "Ja!", meint der VGH Bayern:

 

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 Gründe: 

 I.

 Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

 Im April 2017 teilte die Verkehrspolizeiinspektion München der Antragsgegnerin mit, dass gegen den Antragsteller wegen gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr ermittelt werde. Dem lag zu Grunde, dass der Antragsteller am 11. Februar 2017 mit einer Plastiktüte, in der sich eine Glasflasche befand, gegen ein fahrendes Auto geschlagen hatte. Mit Strafbefehl vom 30. Juli 2017, rechtskräftig seit 12. August 2017, verurteilte das Amtsgericht München den Antragsteller wegen Sachbeschädigung. Aus dem von der Antragsgegnerin angeforderten Führungszeugnis vom 5. September 2017 ergibt sich eine weitere Verurteilung wegen Sachbeschädigung. Mit Strafbefehl vom 21. Dezember 2016, rechtskräftig seit 19. Januar 2017, hatte das Amtsgericht München den Antragsteller verurteilt, weil er eine leere Bierflasche gegen ein Kraftfahrzeug geworfen hatte.

 Die Antragsgegnerin forderte daraufhin weitere Unterlagen an. Die Staatsanwaltschaft übersandte das Protokoll über eine öffentliche Sitzung des Amtsgerichts München vom 10. Juli 2014 in einem Strafverfahren wegen Sachbeschädigung gegen den Antragsteller. Daraus ergibt sich, dass er damals angegeben hatte, ungefähr im Jahr 2009 sei bei ihm eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden. Er sei drei Mal in der Psychiatrie gewesen und nehme seit drei Jahren Psychopharmaka. Darüber hinaus hatte er nach seinen Angaben bei dem damaligen Vorfall wohl einen Blutalkoholgehalt von ca. drei Promille, da er drei Bier und eine Ein-Liter-Flasche Likör getrunken hatte. Das Strafverfahren wurde nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.

 Mit Schreiben vom 15. Januar 2019 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller wegen der Angaben in dem Gerichtsprotokoll vom 10. Juli 2014 auf, bis 15. Februar 2019 Bescheinigungen eines Arztes oder Psychotherapeuten hinsichtlich der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen beizubringen. Es sollte dabei insbesondere beantwortet werden, um welche psychische Erkrankung es sich handelt, seit wann diese Erkrankung besteht, ob sie weiterhin besteht, und ggf. welche Medikamente erforderlich sind.

 Da der Antragsteller keine ärztlichen Unterlagen vorlegte, forderte ihn die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21. Februar 2019 auf, innerhalb von drei Monaten ein (fach-)ärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Dabei bezog sie sich auf das Gerichtsprotokoll vom 10. Juli 2014. Es sei u.a. zu klären, ob eine psychische Erkrankung oder Beeinträchtigung vorliegt, die nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung in Frage stellt.

 Nachdem der Antragsteller das geforderte Gutachten nicht vorlegte, entzog ihm die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 3. Juli 2019 die Fahrerlaubnis, ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die unverzügliche Abgabe des Führerscheins sowie die sofortige Vollziehung an. Der Antragsteller habe das zu Recht geforderte Gutachten nicht vorgelegt. Ihm sei daher die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 8 FeV zu entziehen.

 Über die Klage gegen den Bescheid vom 3. Juli 2019 (Az. M 6 K 19.5073) und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Az. M 6 S 19.3319) hat das Verwaltungsgericht München noch nicht entschieden. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2019 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren abgelehnt. Der Antrag sei abzulehnen, da der Eilantrag nach summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei mit großer Wahrscheinlichkeit im Ergebnis rechtmäßig. Diesbezüglich werde gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf den Bescheid vom 3. Juli 2019 verwiesen. Auch eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache losgelöste Interessenabwägung ergebe, dass das Interesse des Antragstellers zurückstehen müsse. Er habe vorgetragen, dass er weder ein Kraftfahrzeug besitze noch in den letzten Jahren ein solches geführt habe.

 Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, das Gericht verkürze seine Rechtsschutzmöglichkeiten, indem es auf den Bescheid verweise. Der Sofortvollzug sei nicht notwendig, da er seinen Führerschein seit Jahren nicht benutze, kein Auto habe und in näherer Zukunft auch nicht vorhabe, eines zu benutzen. Die Polizei habe der Führerscheinstelle nur mitgeteilt, dass er wegen einer Sachbeschädigung angezeigt worden sei. Dies sei nicht zulässig gewesen und nur deshalb sei dies alles bekannt geworden. Die Behörde sei nicht berechtigt, aufgrund bloßer Denunziationen Dritter ein Verfahren einzuleiten. Er sei bereit, freiwillig eine MPU abzulegen, wenn die Antragsgegnerin auf sämtliche Forderungen verzichte.

 Das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

 II.

 Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

 Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

 Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt es dabei regelmäßig, dass die Erfolgsaussichten offen sind oder es entscheidungserheblich auf schwierige Rechtsfragen ankommt, die höchstrichterlich noch nicht geklärt sind (BVerfG, B.v. 13.3.1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347 = juris 2. Ls.). Hinreichende Erfolgsaussichten liegen allerdings dann nicht vor, wenn ein Erfolg zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.2.2002 - 1 BvR 1450/00 - NJW-RR 2002, 1069 = juris Rn. 12).

 1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht gegeben sind, da der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat. Der Verweis auf die Gründe des Verwaltungsakts ist nach § 117 Abs. 5 VwGO vorgesehen und daher nicht zu beanstanden.

 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vom 3. Juli 2019 zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. April 2019 (BGBl I S. 430), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. Juni 2019 (BGBl I S. 756), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).

 Nach Nr. 7 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV besteht bei verschiedenen psychischen Störungen keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Behörde im Ermessen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere dann, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen. Ein solcher Fall liegt hier vor, da der Antragsteller nach den Angaben im Sitzungsprotokoll vom 10. Juli 2014 im Verfahren 813 Cs 239 Js 131107/14 selbst vorgetragen hat, bei ihm sei eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert worden, er sei deshalb schon mehrmals in der Psychiatrie gewesen und nehme Psychopharmaka. Persönlichkeitsstörungen sind tief verwurzelte und lang anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren und unangepassten Reaktionen in verschiedenen persönlichen und sozialen Lebenssituationen zeigen (Dittmann in Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, 3. Auflage 2018, S. 402 ff.). Persönlichkeitsstörungen sind dabei aus verkehrspsychiatrischer und verkehrspsychologischer Sicht für die Beurteilung der Fahreignung von ganz erheblicher Bedeutung, denn manche der daran erkrankten Personen neigen nicht nur zu dissozialem Verhalten und allgemeiner Delinquenz, sondern insbesondere auch zu Regelverstößen im Straßenverkehr (Dittmann a.a.O. S. 406). Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin nach Bekanntwerden dieser Umstände zuerst die Vorlage von aktuellen Arztberichten oder Attesten verlangt und dann die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens angeordnet hat.

 Das Gerichtsprotokoll ist nicht deshalb nicht verwertbar, weil die Antragsgegnerin es in unzulässiger Weise erhalten hätte. Unabhängig davon, ob im Sicherheitsrecht, wozu das Fahrerlaubnisrecht gehört, überhaupt Beweisverwertungsverbote bestehen, ist die Polizei nach § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG verpflichtet, Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Nachdem bei der Straftat vom 11. Februar 2017 sogar ein strafbarer gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr im Raum stand, besteht kein Zweifel daran, dass die Polizei diesen Vorgang der Fahrerlaubnisbehörde mitteilen musste. Dass die Antragsgegnerin daraufhin nach § 2 Abs. 7 Satz 2 StVG die Beibringung eines Führungszeugnisses veranlasst hat und den dortigen Eintragungen nachgegangen ist, entspricht ordnungsgemäßem Verwaltungshandeln. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 17 Nr. 3 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) i.V.m. Nr. 45 Abs. 2 Satz 1 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) sind sonstige Tatsachen, die in einem Strafverfahren - gleichgültig, gegen wen es sich richtet - bekannt werden, der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde mitzuteilen, wenn ihre Kenntnis für die Beurteilung erforderlich ist, ob die Inhaberin oder der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet ist. Solche Informationen hat die Antragsgegnerin bei der Staatsanwaltschaft angefordert und in Form des Sitzungsprotokolls aus dem Jahr 2014 erhalten.

 Soweit der Antragsteller meint, das Protokoll über die öffentliche Sitzung des Amtsgerichts könne nicht mehr verwertet werden, da die Sache schon so lange zurückliege, kann dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Es trifft zwar zu, dass das zugrunde liegende Strafverfahren nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist, deshalb im eingeholten Führungszeugnis keine diesbezügliche Eintragung enthalten ist und die Angaben des Antragstellers zum Zeitpunkt der Gutachtensanordnung schon über vier Jahre zurücklagen. Nachdem es sich aber um Angaben zu einer Erkrankung handelt, die oft lange andauert und nur schwer, häufig sogar überhaupt nicht therapierbar ist (vgl. Dittmann in Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, S. 402, 408), ist es nicht unzulässig, solche Erkenntnisse auch nach vier Jahren noch weiter zu verwerten.

 2. Selbst wenn Zweifel daran bestehen würden, ob die Gutachtensanordnung alleine auf die damaligen Angaben des Antragstellers im Strafverfahren gestützt werden konnte, könnte sein Eilantrag keinen Erfolg haben, da die Interessenabwägung in jedem Fall zu seinen Lasten ausfallen würde. Zum einen sind im Führungszeugnis zwei Straftaten aufgenommen und derzeit auch weiter aufzunehmen (vgl. §§ 33 Abs. 1, 34 Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes [BZRG]), die wohl die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 2. Halbs. FeV rechtfertigen würden. Der Antragsteller hat zwei Mal Gegenstände gegen Fahrzeuge geworfen, wobei dies zumindest beim zweiten Mal ein Fahrzeug im fließenden Verkehr betraf, auf das er gemäß den Zeugenaussagen auch noch zugelaufen ist. Daraus ergeben sich erhebliche Zweifel, ob er sich als Kraftfahrzeugführer im Straßenverkehr zukünftig stets verkehrsgerecht verhalten und keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährden wird. In der Zusammenschau mit seinen früheren Angaben über eine psychische Erkrankung rechtfertigen diese Vorfälle in jedem Fall die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Sitzungsprotokoll aus dem Jahr 2014, dass der Antragsteller bei dem damaligen Vorfall nach seinen eigenen Angaben wohl eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von ca. drei Promille hatte, dabei aber noch gut ansprechbar war. Auch bei der Begehung der Straftat vom 11. Februar 2017 war er nach den Zeugenaussagen stark alkoholisiert. Es steht daher auch die Frage im Raum, ob der Antragsteller alkoholabhängig ist. Ohne Berücksichtigung weiterer Umstände sprechen BAK-Werte ab drei Promille nach medizinischen Erkenntnissen für eine entsprechende Toleranzentwicklung und damit für eine Alkoholabhängigkeit (vgl. Haffner/Brenner-Harmann/Musshoff in Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, S. 283 f.; Beurteilungskriterien - Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie, DGVP, und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin, DGVM, 3. Aufl. 2013 - Kriterium A 1.2 N D1, S. 123; BayVGH, B.v. 16.5.2017 - 11 B 16.1755 - juris Rn. 27; B.v. 27.3.2017 - 11 CS 17.420 - juris Rn. 16; B.v. 2.9.2016 - 11 ZB 16.1359 - juris Rn. 21; B.v. 2.7.2013 - 11 CS 13.1064 - juris Rn. 14). Im Übrigen wäre bei der Interessenabwägung auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller selbst ausgeführt hat, er benötige die Fahrerlaubnis nicht, weil er in nächster Zeit kein Kraftfahrzeug führen wolle.

 3. Es braucht hier daher nicht entschieden zu werden, ob dem Antragsteller schon deshalb für das Eilverfahren keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, weil die Rechtsverfolgung gemäß § 114 Abs. 2 ZPO mutwillig ist. Der Antragsteller trägt selbst vor, er sei seit Jahren nicht mehr Auto gefahren, besitze kein eigenes Kraftfahrzeug und wolle auch in nächster Zeit von seiner Fahrerlaubnis keinen Gebrauch machen. Es ist daher nicht ersichtlich, welchen Nutzen ihm die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überhaupt bringen könnte.

 Der Begriff der Mutwilligkeit in § 114 Abs. 2 ZPO knüpft dabei an das hypothetische Verhalten einer selbstzahlenden Partei an, da es nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe ist, auf Kosten der Allgemeinheit Rechtsstreitigkeiten zu ermöglichen, die eine Partei, die den Prozess selbst finanzieren müsste, bei besonnener Einschätzung der Prozesschancen und -risiken nicht führen würde (vgl. Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts; BT-Drucks. 17/11472, S. 29). Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung daher dann, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 166 Rn. 28). Benötigt jemand nach seinen eigenen Angaben überhaupt keine Fahrerlaubnis, so würde wohl auch eine selbstzahlende Person selbst bei hinreichender Aussicht auf Erfolg vernünftigerweise kein Eilverfahren anstrengen, sondern den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten.

 4. Damit war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

 5. Im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe fallen - anders als im Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz - Gerichtskosten an, wobei eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist im Hinblick auf die nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG anfallende Festgebühr von 60,- EUR jedoch entbehrlich.

 6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

VGH München BeckRS 2019, 30509

 

 

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