Kammergericht: Alleinrennen-Tatbestand ist verfassungsgemäß / Es kommt nicht nur auf die fahrzeugbezogene Höchstgeschwindigkeit an
von , veröffentlicht am 02.03.2020Vor einigen Tagen hatte ich im Blog das AG Villingen-Schwenningen, das der - wohl gut vertretbaren - Ansicht ist, § 315d StGB sei hinsichtlich des Alleinrennens verfassungswidrig. Das Kammergericht sieht dies derzeit ganz anders - hier die Leitsätze:
1. Die Regelung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB verstößt bei einschränkender Auslegung des Tatbestandes nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG. (Rn. 6)
2. Bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen sind nicht von der Strafbarkeit nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst. Zu der geforderten Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, müssen die Urteilsgründe konkrete Feststellungen zu den Umständen sowie dem Vorstellungsbild des Täters enthalten, die sein Verhalten von bloßen bußgeldbewehrten Verkehrsverstößen abheben und diesen den Charakter eines nachgestellten Kraftfahrzeugrennens geben. (Rn. 14)
3. Im Rahmen der Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, wird auf die relativ höchstmöglich erzielbare Geschwindigkeit abgestellt, die sich aus der Zusammenschau der fahrzeugspezifischen Beschleunigung bzw. Höchstgeschwindigkeit, des subjektiven Geschwindigkeitsempfindens, der Verkehrslage und der Witterungsbedingungen ergibt; nicht maßgeblich ist dagegen, ob der Täter die Leistungsfähigkeit seines Fahrzeuges vollständig ausreizt (Anschluss an KG BeckRS 2019, 8319; OLG Stuttgart BeckRS 2019, 17075; LG Berlin BeckRS 2019, 5484). (Rn. 29)
KG BeckRS 2019, 35362
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3 Kommentare
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Der Beschluss des KG vom 20.12.2019 - (3) 161 Ss 134/19 (75/19) ist älter als der Vorlagebeschluss des AG Villigen-Schwennigen (16.1.2020) und kann diesen daher überhaupt nicht berücksichtigen. Im übrigen hat das KG wie schon im April (Beschluss des KG Berlin vom 15. April 2019 – (3) 161 Ss 36/19 (25/19)) in Kenntnis der Diskussion um die Bestimmtheit eine einschränkende Auslegung des Tatbestandes des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB angemahnt. Dass es im April die Verurteilung trotzdem für richtig hielt, hat sich dieser Angeklagte offenbar selbst zuzuschreiben, weil er mal so richtig die Sau rausgelassen hatte. Der Beschluss vom Dezember dürfte mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit im Ergebnis ein für den Angeklagten relativ glückliches Ende mit Bussgeld und Fahrverbot vorbereiten.
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Wenn das nicht unbestimmt im Sinne des Rechtsstaatsprinzips ist...
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Hier aktuell etwas Neues zum Thema "Raserparagraph":