Update zur Frage, ob die Einziehung von Wertersatz in Jugendsachen zwingend ist – der 5. Strafsenat des BGH hat geantwortet

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 08.03.2020

In meinem Blog-Beitrag vom 9.2.2020 habe ich auf die abweichenden Auffassungen verschiedener Strafsenate des BGH zu der Frage hingewiesen, ob eine Einziehungsanordnung gem. §§ 73 Abs. 1, 73c StGB auch im Jugendverfahren zwingend ist oder ob das Tatgericht hiervon nach eigenem Ermessen absehen kann. Der 1. Strafsenat, der dem Tatrichter ein Ermessen bei der Einziehung von Taterträgen im Jugendverfahren zugestehen möchte, hat mit Beschluss vom 11.7.2019 bei den anderen Senaten angefragt, ob diese an ihren ggf. abweichenden Auffassungen festhalten (1 StR 467/18, NStZ 2019, 682).

Nun hat der 5. Strafsenat geantwortet (Beschluss vom 06.02.2020, 5 ARs 20/19 = BeckRS 2020, 2452), dass er an seiner entgegenstehenden Auffassung festhält. Hier nur die Zusammenfassung der Argumente des 5. Strafsenats in seinem umfangreich begründeten Beschluss:

 „Zusammenfassend stellt es demnach eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers dar, die Verhältnismäßigkeitsprüfung aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern (§ 459g Abs. 5 Satz 1 StPO). Sie ist als solche bis zur Grenze einer - nach Auffassung des Senats nicht gegebenen - Verfassungswidrigkeit von der Judikative hinzunehmen. Einwände gegen das gesetzliche Grundkonzept oder Rechtsprobleme, die sich aus Detailregelungen ergeben könnten, berechtigen die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht, das gesetzgeberische Konzept durch ein eigenes zu ersetzen. Demgemäß scheidet es auch im Lichte der im Anfragebeschluss … am ,Vollstreckungsmodell‘ geübten Kritik aus, die Einziehungsanordnung per ,Richterrecht‘ dem Ermessen der Jugendgerichte zu überantworten, die gesetzgeberische Entscheidung für das Jugendstrafrecht mithin umzukehren und die für das Vollstreckungsverfahren neu geschaffenen Vorschriften in der Folge im Wesentlichen leerlaufen zu lassen. ,Die Strafgerichte sind gehalten, den Gesetzgeber beim Wort zu nehmen; ihn zu korrigieren, ist ihnen verwehrt‘ (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2019 - 1 StR 173/19, Rn. 6).“

Mal schauen, wie sich die anderen Strafsenate positionieren…

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,Die Strafgerichte sind gehalten, den Gesetzgeber beim Wort zu nehmen; ihn zu korrigieren, ist ihnen verwehrt‘ (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2019 - 1 StR 173/19, Rn. 6).

Ein schöner Grundsatz, den sich jeder Richter unübersehbar auf jedes verfügbare Teil seines Büros und zuhause kleben sollte.

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