ePrivacy: EuGH – Orange România: Hände weg vom "Widersprechen"-Button?

von Dr. Stefan Hanloser, veröffentlicht am 16.03.2020
Rechtsgebiete: ePrivacy|4231 Aufrufe

Was ist das Gegenteil der erteilten Einwilligung – die nicht erteilte oder die verweigerte Einwilligung? Was haarspalterisch klingt, beschäftigt derzeit den EuGH in der Rs. C-61/19 – Orange România.  Die Kunden hatten beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags die Wahl, auf dem Vertragsformular ihre datenschutzrechtliche Einwilligung zu erteilen oder aber ihre Einwilligungsverweigerung handschriftlich zu dokumentieren.  In seinen Schlussanträgen v. 4.3.2020 spricht Generalanwalt Szpunar den erteilten Einwilligungen die Freiwilligkeit ab, da sie aktiv hätten verweigert werden müssen: „Positives Handeln ist [im vorliegenden Fall] erforderlich, um die Einwilligung zu verweigern“ (Rz. 60).  Und mit Blick auf das EuGH-Urteil in der Rs. C‑673/17 – Planet49 v. 1.10.2019 ergänzt er für die handschriftliche Einwilligungsverweigerung in der papiergebundenen Offline-Welt: „Wenn es schon zu hohe Anforderungen an den Kunden stellt, das in einem Ankreuzkästchen auf einer Website voreingestellte Häkchen zu entfernen, dann kann von einem Kunden vernünftigerweise erst recht nicht erwartet werden, dass er seine Verweigerung der Einwilligung in handschriftlicher Form erklärt.“ Bedeutet das übersetzt in unsere Online-Welt: „Wenn es schon zu hohe Anforderungen an den Kunden stellt, das in einem Ankreuzkästchen auf einer Website voreingestellte Häkchen zu entfernen, dann kann von einem Kunden vernünftigerweise erst recht nicht erwartet werden, dass er seine Verweigerung der Einwilligung mit einem Häkchen und/oder einem Klick erklärt“?  Also Hände weg vom „Ablehnen“- oder „Widersprechen“-Button, insbesondere bei der Abfrage des Cookie Consents?  Bis zur Entscheidung des EuGH wird die Unsicherheit bleiben; das Vorsichtsprinzip spricht einstweilen wohl eher gegen die Verwendung von „Ablehnen“- oder „Widersprechen“-Buttons.

Der datenschutzrechtlichen Einwilligung geht in der Praxis eine Einwilligungsanfrage des Verantwortlichen voraus.  Der Verantwortliche fragt, die betroffene Person antwortet.  In diesem Einwilligungsdialog ist der fragende Verantwortliche der proaktive, der Einwilligende der reaktive Dialogpartner.  Ob die datenschutzrechtliche Einwilligung freiwillig und ohne Zwang erklärt wurde, beurteilt sich entsprechend auch nach der vorangehenden Einwilligungsanfrage des Verantwortlichen und den Antwortoptionen der betroffenen Person.  Hier treffen die gesetzlichen Gestaltungsanforderungen an eine wirksame Einwilligung auf die berechtigte Nutzererwartung, ein höchst individualisiertes Online-Erlebnis (Information Society service with a human touch) ohne disruptive Rechtserklärungen nutzen zu können.  Die CNIL leistet hier Pionierarbeitwith a French touch.

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