Coronapandemie: Wegfall der Geschäftsgrundlage - beispielsweise in der Gewerberaummiete

von Dr. Oliver Elzer, veröffentlicht am 20.03.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtWeitere ThemenCorona3|6645 Aufrufe

Die Coronapandemie wird die Justiz in den nächsten Monaten, nämlich dann, wenn ein ordnungsgemäßer Betrieb wieder sichergestellt werden kann (zur Lage in Berlin siehe etwa https://www.berlin.de/sen/justva/presse/informationen-zu-corona/), in vielfacher Weise beschäftigen.

Im Vertragsrecht wird sich etwa fragen, ob eine Vertragspartei von der anderen Leistung verlangen kann (konnte), obwohl die Leistung für die andere Vertragspartei zeitweise ohne Interesse war. Etwa in der Gewerberaummiete stellt sich diese Frage verschärft, da zurzeit viele Läden geschlossen sind - freiwillig oder behördlich angeordnet - und viele andere Geschäfte, auch wenn sie noch besucht werden können, jedenfalls keinen nennenswerten Umsatz erzielen werden.

Naturgemäß kommt hier die Bestimmung des § 313 BGB, also der Wegfall der Geschäftsgrundlage, in den Blick. Hier sei u.a. an BGH, Urteil vom 10.7.2002 - XII ZR 107/99, NJW 2002, 3234, erinnert. Bei der Anpassung eines Vertrags ist danach zu beachten, dass die Anwendung der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur ausnahmsweise zur völligen Beseitigung einer an sich bestehenden vertraglichen Pflicht führen kann. Es hat lediglich eine Anpassung an die veränderte Sachlage in einer den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragenden Form stattzufinden.

Für die Frage, was gilt, sollte man allerdings nicht auf die Gerichte warten. Vielmehr ist bereits jetzt der Zeitpunkt gekommen, dass die Vertragsparteien in Kontakt treten und gemeinsam angemessene Lösungen suchen und finden. Denn eine einvernehmliche Regelung dürfte im wohlverstandenen Interesse von beiden Vertragsparteien liegen: Niemand wird Ladenstraßen und Einkaufscentren ohne Unternehmerinnen und Unternehmer wollen.

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3 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Dr. Elzer vom Berliner Kammergericht, wenn der Bäcker wüßte, daß das Berliner Kammergericht schon jahrelang nun vom Emotet-Virus lahmgelegt wurde, dann wäre sein Appell vermutlich wegen seiner Tränen der Trauer, Verzweiflung und Wut womöglich noch eindringlicher ausgefallen.

Besten Gruß aus der Provinz

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Aus der Hüfte: Das Problem dürfte sein, dass das Verwendungsrisiko grundsätzlich auf seiten des Mieters liegt. Wenn aber Räume als Ladengeschäft vermietet werden, muss auch die Nutzung als Ladengeschäft möglich sein. Daran orientiert sich ja auch der Mietpreis. Da keine der Mietvertragsparteien die jetzige Situation, Schließung von Geschäften aufgrund einer Pandemie, vorhergesehen haben, besteht m.E. ein Anspruch auf Vertragsänderung. Dies müßte m.E. jedenfalls zu einer erheblichen Reduzierung der Miete führen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht könnte man erst dann annehmen, wenn der Vermieter eine Reduzierung der Miete für die Zeit der Geschäftsschließung ablehnt.

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