Gemeinsam durch die Krise – Arbeitgeber, Gewerkschaften und Betriebsräte müssen jetzt verstärkt zusammenarbeiten

von Martin Biebl, veröffentlicht am 22.03.2020
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtCorona3|2459 Aufrufe

Die positiven Nachrichten halten sich in der aktuellen Situation in Grenzen. Für die Beschäftigten der Metallbranche gibt es aber seit Freitagabend zumindest ein wenig mehr Gewissheit und Rechtssicherheit. Fast schon still und heimlich haben sich Arbeitgebervertreter und Gewerkschaft in Nordrhein-Westfalen auf einen Pilotabschluss geeinigt. Er sieht Regelungen zur Reduzierung der Entgelteinbußen bei Kurzarbeit vor (die Erstattung der Agentur für Arbeit im Rahmen von Kurzarbeit beträgt 60 oder 67 %) und regelt zudem die Einführung von Härtefallfonds auf betrieblicher Ebene. Dort sollen dann Arbeitgeber und Betriebsrat entscheiden, wie die Mittel aus dem Fonds zu verteilen sind. Im Gegenzug gibt es eine Nullrunde beim Gehalt. Schließlich enthält das Tarifergebnis auch noch eine Regelung zur bezahlten Freistellung für die Betreuung von Kindern: Maximal fünf Tage einer bezahlten Freistellung erhalten Arbeitnehmer, die Kinder bis zum Alter von 12 Jahren betreuen müssen, weil andere Betreuungsmöglichkeiten aktuell nicht bestehen. Vor allem die Frage der bezahlten Freistellung für die Kinderbetreuung wird angesichts der lange andauernden Kita- und Schulschließungen noch viele Unternehmen beschäftigen. Ob diese Frage gesetzlich geregelt wird, bleibt abzuwarten. Der maßgebliche § 616 BGB verspricht jedenfalls keine schnelle Hilfe, weil es für bezahlte Freistellungen und deren Dauer immer auf den Einzelfall ankommt. Auf die Gerichte wird daher einiges an Arbeit zukommen. Zumindest für die ersten Tage haben die Beschäftigten der Metallindustrie nun Rechtssicherheit.

Unabhängig vom tariflichen Ergebnis, das für beide Seiten sicher nicht das absolute Traumergebnis ist, zeigt sich vor allem: In der aktuellen Situation müssen Arbeitgeber, Gewerkschaften und Betriebsräte eng zusammenstehen und rasch Lösungen für Unternehmen und Arbeitnehmer finden. Es ist nicht die Zeit für Zuständigkeitsstreitigkeiten und eine allzu dogmatische Verhandlungsführung. Tarifvertrags- und Betriebsparteien sollten in dieser für uns alle neuen Situation nicht in Grabenkämpfe verfallen, sondern bestehende Hürden überwinden und zusammenarbeiten. Dies gilt für die Einführung von Kurzarbeit, die Ermöglichung von Homeoffice-Tätigkeiten, aber auch für die Regelung eines flexiblen Schichtmodells und Grundsätze zur Kinderbetreuung. Der Gesetzgeber unternimmt große Anstrengungen. Dennoch kommt es auch entscheidend auf die Akteure vor Ort an, weil diese die tarifliche und betriebliche Struktur am besten kennen. Nur handlungsfähige Unternehmen können diese Krise überstehen und Arbeitsplätze erhalten.

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3 Kommentare

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Hallo Herr Biebl,

woher nehmen Sie die Regelungen zur Aufstockung des KUG? Aus dem vorliegenden Verhandlungsergebnis sowie der Pressemitteilung von Metall.NRW ergibt sich eine solche Zuschusspflicht jedenfalls nicht.

Vielen Dank!

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Sehr geehrter Diskussionsteilnehmer,

vielen Dank für Ihren Hinweis. Da ist eine Klarstellung angebracht: Es handelt sich um keine klassische Aufstockung, wie sie häufig zu finden ist. Stattdessen sollen die Auszahlungsmodalitäten von Urlaubs- und Weihnachtsgeld geändert werden, um die monatlichen finanziellen Einbußen der betroffenen Mitarbeiter möglichst zu reduzieren.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Biebl

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