WEG-Reform: Werkstattbericht I (Vertretung der GdW durch die Wohnungseigentümer)

von Dr. Oliver Elzer, veröffentlicht am 07.04.2020
Rechtsgebiete: Miet- und WEG-RechtRechtspolitik1|2638 Aufrufe

Die Bundesregierung hat am 23.3.2020 ihren Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Mo-dernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG) vorgelegt.

Nach seinem § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG-E wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemeinschaftlich durch die Wohnungseigentümer vertreten, wenn es keinen Verwalter gibt. Es handelt sich um eine Gesamtvertretung.

Sind sich die Wohnungseigentümer als Gesamtvertreter einig, können sie einen oder mehrere Wohnungseigentümer ermächtigen. Eine Ermächtigung durch Beschluss (wie es im geltenden Recht nach § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG möglich ist), ist hingegen zum "Schutz der Minderheit" nicht vorgesehen. Denn dieser sei die Existenz eines Vertreters, der nicht gleichzeitig die aus der Stellung als Verwalter folgenden Pflichten habe, nicht zuzumuten. Soweit auf Grundlage von § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG Ermächtigungsbeschlüsse gefasst worden seien, verlören diese nach allgemeinen Grundsätzen mit Inkrafttreten der Neuregelung für die Zukunft ihre Wirkung. Anders ist es allerdings nach § 9b Abs. 2 WEG-E. Denn dieser sieht in Anlehnung an § 46 Nr. 8 GmbHG eine Beschlusskompetenz vor, wenn es einen Verwalter gibt, dieser außergerichtlich nach § 181 BGB bzw. gerichtlich nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen von der Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeschlossen ist.

Die so skizzierte Struktur wird nicht nur zu Corona-Zeiten und bei anderen Pandemien zu Problemen führen. Sie sollte daher wenigstens für das Verfahrensrecht noch rechtzeitig überdacht werden. Denn die Beschlussklagen sind gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten (§ 44 Abs. 2 Satz 1 WEG). Kläger ist grundsätzlich ein Wohnungseigentümer. Fehlt es an einem Verwalter, sind die anderen Wohnungseigentümer nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG-E die Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dies führt gleich zu mehreren Friktionen. Da die klagende Partei (ein Wohnungseigentümer oder mehrere) als einer der geborenen Gesamtvertreter von einer Mitbestimmung offensichtlich ausgeschlossen ist und die anderen Wohnungseigentümer wohl nicht, was möglich wäre, für eine Vertretung ermächtigen wird, fehlt es für eine Willensbildung stets an wenigstens einem notwendigen Gesamtvertreter. Entweder wird daher für die verwalterlose Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 57 Abs. 1 ZPO ein Prozesspfleger zu bestellen sein. Oder man ist der Ansicht, dass der Wegfall eines vertretungsberechtigten Wohnungseigentümers an dieser Stelle dazu führt, dass nunmehr die übrigen Wohnungseigentümer allein Gesamtvertretungsmacht haben. Die zweite Ansicht einer hier so genannten kupierten Gesamtvertretung ist praxisnah und daher wohl vorzugswürdig. Oder?

Bei der Frage, welche Wohnungseigentümer zu einer kupierten Gesamtvertretung berufen sind, kann es freilich sowohl zu Beginn einer Beschlussklage, aber auch später (auch mehrfach) zu Änderungen kommen. Der erste Fall liegt vor, wenn Beschlussklagen miteinander verbunden werden. Der zweite Fall, wenn einer von mehreren Beschlussklägern seine Klage oder sein Rechtsmittel zurücknimmt oder sich Klage oder Rechtsmittel anderweitig erledigen.
Und es stellen sich noch viele weitere Fragen, die der Entwurf ggf. nicht angemessen absichert und fragen lassen, ob es wirklich richtig ist, auf  § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG zu verzichten. Etwa:

  • Kennen sich die verbleibenden Wohnungseigentümer? Haben sie Namen und Adressen voneinander?
  • Wie koordinieren die verbleibenden Wohnungseigentümer die Prozessführung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer?
  • Müssen sich die verbleibenden Wohnungseigentümer gegenseitig nach § 44 Abs. 2 Satz 2 WEG-E benachrichtigen?
  • Kann das Gericht bei verwalterlosen Anlagen nach § 170 Abs. 3 ZPO vorgehen oder muss es zum Schutz der Wohnungseigentümer jedem die Klage zustellen (das halte ich für richtig).
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Lieber Herr Elzer, ich bin bei Ihnen was die Kenntnis der Wohnungseigentümer untereinander betrifft. Insbesondere für die Frage der Abnahme des Gemeinschaftseigentums kann es absolut wichtig sein, die Namen der letzten Erwerber zügig zu erfahren - auch im Interesse der WEG. Die Verwalter teilen dies in der Regel nicht mit.:-)

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