Vertragliche Ausschlussfristen weiter unter Druck

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 21.04.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|2493 Aufrufe

Vertragliche Ausschlussfristen (Verfallklauseln) unterzieht das BAG einer immer strenger werdenden AGB-Kontrolle. Sie dürfen keine kürzere Frist für die Geltendmachung als drei Monate statuieren (BAG, Urt. vom 25.5.2005 - 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111), für beide Seiten in gleicher Weise gelten (BAG, Urt. vom 31.8.2005 - 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324) und müssen (in Neuverträgen seit 2015) den Anspruch auf den Mindestlohn ausdrücklich ausnehmen (BAG, Urt. vom 18.9.2018 - 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619). In einer neueren Entscheidung hat das BAG auch den zulässigen Fristbeginn präzisiert: Eine Klausel, nach der die Ausschlussfrist nicht erst bei Fälligkeit, sondern bereits mit der Entstehung des Anspruchs beginnt, benachteiligt den Arbeitnehmer ebenso entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 BGB) wie eine solche, die an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpft.

(Rn. 37) Das Anknüpfen des Laufs der Ausschlussfrist an das Entstehen des Anspruchs führt zu einer unangemessenen Benachteiligung. Ob die Ansprüche zu diesem Zeitpunkt erkennbar und durchsetzbar sind, ist nach der Klausel unerheblich. Das ist mit dem in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Grundgedanken unvereinbar.

(Rn. 41) Das Anknüpfen des Laufs der Ausschlussfrist an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt ebenfalls zu einer unangemessenen Benachteiligung und ist damit nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (...). Beginnt nämlich die Ausschlussfrist mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu laufen, kann das dazu führen, dass dem Gläubiger weniger als drei Monate Zeit verbleiben, um einen Anspruch geltend zu machen, wenn der Anspruch erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird.

BAG, Urt. vom 28.8.2019 - 5 AZR 425/18, NZA 2019, 1645

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1 Kommentar

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Das LAG S-H war da kürzlich nicht so streng. Es läßt eine solche an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geknüpfte Ausschlussfrist zu, allerdings beginnend erst ab Rechtskraft des Kündigungsrechtsstreits (Beschluss des Bundesarbeitsgerichts über die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde), vgl. LAG Schleswig-Holstein, U. v. 3.2.2020 - 1 Sa 401/18. War das gegenständliche Urteil des BAG dem LAG S-H wohl noch nicht bekannt?

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