Die Erhöhung des Kurzarbeitergeldes - Risiko für kleine und mittlere Unternehmen

von Martin Biebl, veröffentlicht am 23.04.2020
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtCorona1|2917 Aufrufe

Die Bundesregierung hält das Tempo bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie weiter hoch: Nun soll nach dem Willen der Koalition das Kurzarbeitergeld gestaffelt auf bis zu 80 % bzw. 87 % für Arbeitnehmer mit Unterhaltspflichten angehoben werden. Die Anhebung des Kurzarbeitergeldes hängt nach dem Willen der Regierung von der Bezugsdauer ab und ist an die Bedingung geknüpft, dass mindestens 50 % der Arbeitszeit wegen Kurzarbeit entfällt.

Die Rufe nach einer Anhebung des Kurzarbeitergeldes waren laut, überzeugend ist die geplante Neuregelung zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht. Wäre es nicht auch eine Option gewesen, dass man erste Erfahrungswerte mit Kurzarbeit in der aktuellen Krise sammelt und erst dann über Anpassungen und Erhöhungen nachdenkt? Möglicherweise zu einem Zeitpunkt, zu dem die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zumindest etwas klarer erkennbar gewesen wären? Eine drohende Überforderung der Finanzreserven der Bundesagentur für Arbeit wird so jedoch immer wahrscheinlicher. Dabei muss man bedenken, dass wir nach den gebetsmühlenartig wiederholten Äußerungen der Politik noch immer am Anfang der Pandemie und damit der Krise stehen. Man fragt sich deshalb zwangsläufig, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, wenn wir uns in der Mitte der Krise befinden und wenn irgendwann einmal die  langfristigen Folgen der Krise zu bewältigen sind. Ganz zu schweigen von der Frage, ob dann noch ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind.

Für kleinere Unternehmen bringt die geplante Erhöhung des Kurzarbeitergeldes zudem ein weiteres Problem bei der Liquidität mit sich. Das Kurzarbeitergeld wird nach dem gesetzlich vorgesehenen System schließlich im ersten Schritt immer vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer ausbezahlt und erst im zweiten Schritt von der Agentur erstattet. Der Arbeitgeber muss also in einer existenzbedrohenden Situation in Vorleistung gehen und hoffen, dass die Agentur die Beträge schnell erstattet. Waren bisher also 60 bzw. 67 % des Nettolohns auszubezahlen, können es nun mit laufender Bezugsdauer 80 bzw. 87 % des Nettolohns sein, die der Arbeitgeber vorstrecken und um deren Erstattung er sich kümmern muss. Dabei ist es aber völlig logisch, dass die Bearbeitungsgeschwindigkeit in den Arbeitsagenturen ihre Grenzen hat. Wie lange die Arbeitgeber daher auf die Erstattung warten müssen, bleibt abzuwarten. Gerade für kleine Unternehmen kann sich die Krise dadurch weiter verschärfen. Sinnvoller wäre es gewesen, besonders betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gezielt über die Mechanismen des Sozialstaats zu helfen ohne die Arbeitgeber dafür einzuspannen.  

 

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1 Kommentar

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Wahrscheinlich geht die Regierung davon aus, dass die KfW-Kredite für die Liquiditätssicherung ausreichen. Dass ein langlaufender Kredit für so eine Überbrückung ungeeignet ist, scheint da nicht klar zu sein. Politiker sind eben keine Unternehmer (oder Banker).

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