Mindestlohnklage gehört stets vor die Gerichte für Arbeitssachen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 29.04.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|2824 Aufrufe

Den Mindestlohn muss der Arbeitnehmer vor den Arbeitsgerichten einklagen. Die Klage auf den gesetzlichen Mindestlohn gehört zu den sic-non-Fällen. Bereits die Rechtsbehauptung des Mindestlohnklägers in Bezug auf ein im Anspruchszeitraum bestehendes Arbeitsverhältnis ist rechtswegbegründend.

Das hat das LAG Berlin-Brandenburg entschieden.

Die Klägerin macht Vergütungsansprüche aus Einsätzen als Schauspielerin zwischen März 2018 und Februar 2019 geltend, die sie ihrer Auffassung nach als Arbeitnehmerin für die Beklagte erbracht hat. Die vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien sieht eine pauschale Honorierung für jede absolvierte Aufführung in einer nach Regionen gestaffelten Höhe vor. Die Klageforderung berechnet die Klägerin, indem sie die monatlich als geleistet behaupteten Stunden mit dem Stundensatz multipliziert, wie er jeweils durch oder auf der Grundlage des Mindestlohngesetzes (MiLoG) festgesetzt war. Hiervon bringt sie gemäß der vertraglichen Vereinbarung erhaltene Zahlungen in Abzug. Ihrer Auffassung nach besteht eine „Vergütungslücke“, die daraus folge, dass ihr tatsächlicher zeitlicher Einsatz bemessen nach Mindestlohngrundsätzen weit über die gezahlten Honorare hinausgehe. Auf die Rüge der Beklagten hat das ArbG Berlin durch Beschluss vom 7.11.2019 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 GVG an das Landgericht Berlin verwiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hatte Erfolg:

Wie es sich aus Begründung und Berechnung der Klageforderung ergibt und wie die Klägerin in der Anhörung klargestellt hat, macht sie mit der Klage den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn geltend. Die Klage ist gerichtet auf die Differenz zwischen der vereinbarten und gewährten Vergütung und dem Mindestlohnsatz für jede als geleistet behauptete Arbeitsstunde. Nach der gesetzlichen Regelung in § 1 MiLoG sind für den Mindestlohn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anspruchsberechtigt. Andere Personen, die nicht gemäß der näheren Bestimmung zum anspruchsberechtigten Personenkreis in § 22 MiLoG als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeordnet werden können, können sich auf den gesetzlichen Anspruch aus § 1 MiLoG nicht berufen. Somit gehört die Klage auf den gesetzlichen Mindestlohn zu den sic-non-Fällen (…). Den Mindestlohn muss der Arbeitnehmer vor den Arbeitsgerichten einklagen (…). Bereits die Rechtsbehauptung des Mindestlohnklägers in Bezug auf ein im Anspruchszeitraum bestehendes Arbeitsverhältnis ist rechtswegbegründend (…).

LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 13.12.2019 - 12 Ta 2007/19, BeckRS 2019, 34851

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