Auch in Bremen sind die Rohmessdaten nicht so wichtig

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.05.2020
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht5|3452 Aufrufe

Erwartungsgemäß hat auch das OLG Bremen aus der abgelehnten Akteneinsicht in Rohmessdaten kein Beweisverwertungsverbot entnommen:

 

Der Antrag des Betroffenen vom 11.12.2019, gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremerhaven vom 11.12.2019 die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

 Gründe: 

 I.

 Das Amtsgericht Bremerhaven hat den Betroffenen mit Urteil vom 11.12.2019 wegen einer am 03.06.2019 begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h (bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h) unter Anwendung der § 24 StVG i.V.m. §§ 3 Abs. 3, 49 StVO zu einer Geldbuße von EUR 80,- verurteilt.

 Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde vom 11.12.2019, mit dem er die Verwertung der mit dem Messgerät TraffiStar S350 gewonnenen Ergebnisse der Geschwindigkeitsmessung als unzulässig rügt, da bei diesem Gerät mangels Speicherung von Rohmessdaten keine nachträgliche Überprüfung der Richtigkeit der Messung möglich sei, so dass durch die Verwendung dieser Messergebnisse sein Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzt sei.

 Die Generalstaatsanwaltschaft Bremen hat am 05.03.2020 Stellung genommen und beantragt, den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. Der Betroffene hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

 II.

 Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 80 Abs. 1 OWiG) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 80 Abs. 3 S. 1, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 341 StPO). Er ist aber nicht formgerecht begründet worden (§§ 80 Abs. 3 OWiG, 344, 345 StPO) und damit unzulässig, da die Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde keine zulässig erhobene Rüge enthält, auf die hin nach Maßgabe des § 80 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 OWiG die Rechtsbeschwerde zuzulassen wäre.

 1. Der Begründung des Antrags des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist lediglich eine Verfahrensrüge dahingehend zu entnehmen, dass der Betroffene die Verwertung der Messergebnisse der Geschwindigkeitsmessung mit dem Messgerät TraffiStar S350 wegen der bei diesem Gerät nicht erfolgenden Speicherung von Rohmessdaten als unzulässig und als Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens rügt.

 a. Nach der Regelung des § 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann die Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht tragen, da nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG bei einer - wie vorliegend - Festsetzung einer Geldbuße von nicht mehr als einhundert Euro oder einer Anordnung einer Nebenfolge vermögensrechtlicher Art, deren Wert im Urteil auf nicht mehr als einhundert Euro festgesetzt wurde, die Rechtsbeschwerde wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht zugelassen wird. Eine Rüge der Verletzung sachlichen Rechts ist der Begründung des Antrags des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu entnehmen; ebenso nicht eine Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).

 b. Es kann dahinstehen, ob in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ungeachtet der Beschränkungen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG auch für den Fall der Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK, Art. 20 Abs. 3 GG erfolgen kann (befürwortend: OLG Rostock, Beschluss vom 13.07.2016 - 21 Ss OWi 103/16 (Z), juris Rn. 6; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 07.03.1995 - 1 BvR 1564/92, juris Rn. 8 i.V.m. 18, BVerfGE 92, 191; hierzu auch Göhler/Seitz/Bauer, 17. Aufl., § 80 OWiG Rn. 16e; offengelassen dagegen von OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2020 - (1Z) 54 Ss-OWi 13/20 (13/20), juris Rn. 12; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.11.2019 - 2 Rb 35 Ss 808/19, juris Rn. 3; OLG Schleswig, Beschluss vom 05.06.2019 - 1 OLG 123/19, juris Rn. 6, SchlHA 2019, 279; ablehnend unter Bezugnahme auf den Wortlaut der als Ausnahmevorschrift konzipierten Bestimmung KG Berlin, Beschluss vom 22.07.2019 - 3 Ws (B) 178/19 und 179/19 - 162 Ss 71/19, juris Rn, 22, StraFO 2019, 470; OLG Hamm, Beschluss vom 03.01.2019 - 4 RBs 377/18, juris Rn. 5; OLG Oldenburg, Beschluss vom 23.07.2018 - 2 Ss OWi 197/18, juris Rn. 19; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.10.2017 - Ss Rs 17/2017 (30/17 OWi), juris Rn. 17, SVR 2018, 155 (Ls.); OLG Stuttgart, Beschluss vom 23.09.2019 - 4 Rb 28 Ss 691/19, juris Rn. 5, DAR 2019, 696) und ob - wie der Betroffene geltend macht - die Verwertung der Messergebnisse eines standardisierten Messverfahrens, bei dem keine Speicherung der vom Messgerät gewonnenen Rohmessdaten erfolgt, eine solche Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens begründet. Die Rüge der Verletzung dieses Grundsatzes ist in der Begründung des Antrags des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht zulässig erhoben, so dass es auch insoweit an einer formgerechten Begründung dieses Antrags mangelt.

 aa. Die Rüge des Betroffenen bezieht sich auf die Verwertbarkeit der Messergebnisse eines standardisierten Messverfahrens, bei dem keine Speicherung der vom Messgerät gewonnenen Rohmessdaten erfolgt. Dieser Rechtsfrage, die in jüngster Zeit in der Rechtsprechung teilweise streitig diskutiert wird, liegen im Ausgangspunkt - insoweit unbestritten - die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Rechtsfigur des standardisierten Messverfahrens zugrunde.

 (a) Danach handelt es sich bei einem standardisierten Messverfahren um ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (siehe BGH, Beschluss vom 30.10.1997 - 4 StR 24/97, juris Rn. 27, BGHSt 43, 277). Die Verwendung eines standardisierten Messverfahrens erlaubt eine Vereinfachung des Verfahrensgangs, wie sie gerade bei Bußgeldverfahren indiziert ist, die nicht der Ahndung kriminellen Unrechts, sondern der verwaltungsrechtlichen Pflichtenmahnung dienen und ihre vorrangige Bedeutung im Bereich für Massenverfahren des täglichen Lebens haben (siehe BGH, Beschluss vom 19.08.1993 - 4 StR 627/92, juris Rn. 26, BGHSt 39, 291). Bei Verwendung eines solchen standardisierten Messverfahrens ist der Tatrichter bei der Darstellung im Urteil daher grundsätzlich allein gehalten, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Kontrolle der Beweiswürdigung zu ermöglichen, neben dem angewandten Messverfahren jeweils auch den berücksichtigten Toleranzwert mitteilen (siehe BGH, Beschluss vom 19.08.1993, a.a.O., juris Rn. 33; Beschluss vom 30.10.1997, a.a.O., juris Rn. 20). Dagegen ist er, soweit es sich um allgemein anerkannte und häufig angewandte Untersuchungsverfahren handelt, nicht verpflichtet, Erörterungen über deren Zuverlässigkeit anzustellen oder die wesentlichen tatsächlichen Grundlagen des Gutachtens im Urteil mitzuteilen (siehe BGH, Beschluss vom 19.08.1993, a.a.O., juris Rn. 25). Den nach den jeweiligen technisch-naturwissenschaftlichen Erkenntnissen möglichen Fehlerquellen ist durch die Berücksichtigung von Messtoleranzen Rechnung zu tragen (siehe BGH, Beschluss vom 19.08.1993, a.a.O., juris Rn. 28); ein darüber hinaus gehendes Erfordernis, dass das Gericht sich von der Zuverlässigkeit der Messungen im konkreten Fall überzeugt, besteht dagegen nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (siehe BGH, Beschluss vom 19.08.1993, a.a.O., juris Rn. 28; Beschluss vom 30.10.1997, a.a.O., juris Rn. 26). Dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird in sämtlichen Oberlandesgerichtsbezirken gefolgt (siehe BayObLG, Beschluss vom 09.12.2019 - 202 ObOWi 1955/19, juris Rn. 5 ff., DAR 2020, 145; OLG Bamberg, Beschluss vom 13.06.2018 - 3 Ss OWi 626/18, juris Rn. 10, NStZ 2018, 724; KG Berlin, Beschluss vom 06.03.2019 - 3 Ws (B) 47/19 - 122 Ss 24/19, juris Rn. 14, NStZ 2019, 530; OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2020 - (1Z) 54 Ss-OWi 13/20 (13/20), juris Rn. 12; OLG Braunschweig, Beschluss vom 14.06.2017 - 1 Ss (OWi) 115/17, juris Rn. 18; OLG Celle, Beschluss vom 06.05.2019 - 1 Ss (OWi) 6/19, juris Rn. 6, ZfSch 2019, 509; OLG Dresden, Beschluss vom 26.10.2015 - OLG 21 Ss 651/15 (Z), juris Rn. 6, ZfSch 2016, 292; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.04.2018 - 2 RBs 59/18, juris Rn. 11; OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.12.2014 - 2 Ss-OWi 1041/14, juris Rn. 18, DAR 2015, 149; Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 12.03.2019 - 9 RB 9/19 - 3 Ss OWi 16/19, juris Rn. 9; OLG Hamm, Beschluss vom 25.11.2019 - 3 RBs 307/19, juris Rn. 13; OLG Jena, Beschluss vom 20.04.2017 - 1 OLG 151 SsBs 62/16, juris Rn. 9, VRS 132 Nr. 37; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.01.2020 - 3 Rb 33 Ss 763/19, juris Rn. 9 f.; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.04.2017 - 1 OWi 4 SsBs 27/17, juris Rn. 16 f.; OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2019 - 1 RBs 339/19, Rn. 8, DAR 2019, 695; OLG Naumburg, Beschluss vom 16.12.2014 - 2 Ws 96/14, Rn. 4, DAR 2015, 405; OLG Oldenburg, Beschluss vom 13.03.2017 - 2 Ss OWi 40/17, juris Rn. 12, ZfSch 2017, 469; OLG Rostock, Beschluss vom 22.01.2019 - 21 Ss OWi 251/18 (B), juris Rn. 6; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 09.11.2017 - Ss Rs 39/17 (60/17 OWi), juris Rn. 6; OLG Schleswig, Beschluss vom 20.12.2019 - II OLG 65/19, juris Rn. 27, SchlHA 2020, 42; OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.02.2012 - 4 Ss 39/12, juris Rn. 9, DAR 2012, 274; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28.02.2018 - 1 OWi 2 SsBs 106/17, juris Rn. 14, NStZ-RR 2018, 156; ebenso auch die Rechtsprechung des Senats, siehe u.a. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 28.10.2010 - 2 SsBs 70/10, juris Rn. 13, DAR 2011, 35; Beschluss vom 15.11.2012 - 2 SsBs 82/11, juris Rn. 8, NStZ-RR 2013, 188 (Ls.)).

 (b) Vorliegend liegt der Messung der Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Betroffenen die Verwendung eines Geräts vom Typ Jenoptik TraffiStar S350 zugrunde. Bei den Geschwindigkeitsmessgeräten vom Typ TraffiStar (Typen S330 und S350) handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wie auch der übrigen Oberlandesgerichte um standardisierte Messverfahren im Sinne der vorstehend dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe hierzu die Entscheidung des Senats in Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 30.09.2015 - 1 SsBs 50/15 (TraffiStar S330); aus der Rechtsprechung der übrigen Oberlandesgerichtsbezirke siehe BayObLG, Beschluss vom 09.12.2019 - 202 ObOWi 1955/19, juris Rn. 5, DAR 2020, 145 (TraffiStar S330); OLG Braunschweig, Beschluss vom 20.10.2015 - 1 Ss (OWi) 156/15, juris Rn. 8, SVR 2015, 465 (TraffiStar S330); OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.03.2020 - 2 RBs 30/20, juris Rn. 5 (TraffiStar S350); OLG Hamm, Beschluss vom 16.02.2016 - 3 RBs 385/15, juris Rn. 13, NJW-Spezial 2016, 282 (TraffiStar S330), Beschluss vom 25.11.2019 - 3 RBs 307/19, juris Rn. 21 (TraffiStar S350); OLG Jena, Beschluss vom 14.04.2008 - 1 Ss 281/07, juris Rn. 56, DAR 2009, 40 (TraffiStar S330); OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.01.2020 - 3 Rb 33 Ss 763/19, juris Rn. 8 (TraffiStar S350); OLG Köln, Beschluss vom 10.04.2019 - 1 RBs 416/18, juris Rn. 8, VerkMitt 2019, Nr. 61 (TraffiStar S350); OLG Rostock, Beschluss vom 22.01.2019 - 21 Ss OWi 251/18, juris Rn. 6 (TraffiStar S350); OLG Schleswig, Beschluss vom 11.11.2016 - 2 Ss OWi 161/16 (89/16), juris Rn. 3, SchlHA 2017, 104 (TraffiStar S350); siehe auch VerfGH Saarland, Urteil vom 05.07.2019 - Lv 7/17, juris Rn. 68 f., NJW 2019, 2456 (TraffiStar S350); OVG Bautzen, Beschluss vom 27.10.2016 - 3 A 385/5, juris Rn. 5, VRS 131 Nr. 41 (TraffiStar S330); OVG Münster, Beschluss vom 20.12.2018 - 8 B 1018/18, juris Rn. 6 (TraffiStar S350)).

 bb. Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat nun im vergangenen Jahr - worauf sich die Rüge des Betroffenen bezieht - entschieden, dass die Verwertung der Messergebnisse eines solchen standardisierten Messverfahrens unzulässig sein soll, wenn dessen Messergebnisse deswegen nicht vom Betroffenen auf der Grundlage ihm zu überlassender Rohmessdaten überprüft werden könnten, weil das jeweilige Messgerät keine Speicherung dieser Daten vornehme (so VerfGH Saarland, Urteil vom 05.07.2019 - Lv 7/17, juris Rn. 125, NJW 2019, 2456). Dieser Rechtsprechung hat sich auf der Grundlage der Bindungswirkung dieser Entscheidung für saarländische Gerichte nach § 10 Abs. 1 des saarländischen VerfGHG auch das OLG Saarbrücken angeschlossen (siehe OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28.08.2019 - Ss Rs 26/2019 (46/19 OWi), zit. nach IWW-Institut, Abrufnummer 213257; Beschluss vom 03.09.2019 - Ss Rs 34/2019 (43/19 OWi), zit. nach IWW-Institut, Abrufnummer 213258; Beschluss vom 15.10.2019 - Ss Bs 59/2019 (62/19 OWi), juris Rn. 23, VRS 137, Nr. 3) und auch einzelne Amtsgerichte innerhalb wie auch außerhalb des Saarlandes haben sich für eine Unverwertbarkeit der so gewonnenen Messergebnisse ausgesprochen (siehe AG Bautzen, Beschluss vom 18.07.2019 - 43 OWi 620 Js 24643/18, juris Rn. 1; AG St. Ingbert, Beschluss vom 08.08.2019 - 23 OWi 66 Js 1126/19 (1845/19), juris Rn. 52 (unter Kritik an der Rechtsprechung des VerfGH Saarland); AG Heidelberg, Urteil vom 18.01.2018 - 17 OWi 540 Js 21713/17, juris Rn. 8, ZfSch 2018, 412; AG Neunkirchen, Urteil vom 15.05.2017 - 19 OWi 532/16, juris Rn. 19; AG Stralsund, Urteil vom 07.11.2016 - 324 OWi 554/16, juris Rn. 16, SVR 2017, 193). Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes wie auch des OLG Saarbrücken ist dabei jeweils auch ausdrücklich mit Bezug auch auf das im vorliegenden Fall verwendete Messgerät TraffiStar S350 ergangen (so VerfGH Saarland, a.a.O., juris Rn. 2; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28.08.2019, a.a.O.). Dabei erkennt der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes die Geltung der Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsfigur des standardisierten Messverfahrens weiterhin an und stellt ausdrücklich auch nicht in Frage, dass das Messgerät TraffiStar S350 als ein solches standardisiertes Messverfahren anzusehen ist (so VerfGH Saarland, a.a.O., juris Rn. 68 f.). Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes begründet sodann aber seine Auffassung zur Unverwertbarkeit der Messergebnisse dieses Messgeräts bei einer fehlenden Speicherung der vom Messgerät gewonnenen Rohmessdaten damit, dass es zu den grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verurteilung eines Betroffenen gehöre, dass er die tatsächlichen Grundlagen seiner Verurteilung zur Kenntnis nehmen, sie in Zweifel ziehen und nachprüfen dürfe, weswegen zu einem rechtsstaatlichen Verfahren auch die grundsätzliche Möglichkeit der Nachprüfbarkeit einer auf technischen Abläufen und Algorithmen beruhenden Beschuldigung zählen müsse (so VerfGH Saarland, a.a.O., juris Rn. 92 ff.).

 cc. Von den Obergerichten der übrigen Bundesländer wird demgegenüber diese Auffassung nahezu einhellig abgelehnt und es wird stattdessen angenommen, dass die fehlende Speicherung von Rohmessdaten der Verwertung der Messergebnisse eines standardisierten Messverfahrens nicht entgegenstehen soll (siehe BayObLG, Beschluss vom 09.12.2019 - 202 ObOWi 1955/19, juris Rn. 5, DAR 2020, 145; KG Berlin, Beschluss vom 15.05.2014 - 3 Ws (B) 249/14 - 122 Ss 73/14, juris Rn. 13, VRS 127, Nr. 44; OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2020 - (1Z) 54 Ss-OWi 13/20 (13/20), juris Rn. 12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.01.2019 - 2 RBs 1/19, juris Rn. 8; Beschluss vom 10.03.2020 - 2 RBs 30/20, juris Rn. 4; OLG Hamm, Beschluss vom 13.01.2020 - 1 RBs 255/19, juris Rn. 5; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.01.2020 - 3 Rb 33 Ss 763/19, juris Rn. 16 ff.; OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2019 - 1 RBs 339/19, Rn. 6, DAR 2019, 695; OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.09.2019 - 2 Ss (OWi) 233/19, juris Rn. 23 f., NdsRpfl 2019, 399; OLG Schleswig, Beschluss vom 20.12.2019 - II OLG 65/19, juris Rn. 28, SchlHA 2020, 42; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.09.2019 - 1 Rb 28 Ss 300/19, juris Rn. 4, DAR 2019, 697; kritisch ferner, aber i.E. offengelassen in VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.01.2020 - VGH B 19/19, juris Rn. 48, NZV 2020, 97; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 29.08.2019 - 1 OWi 2 Ss Bs 68/19, juris Rn. 6). Dabei wird zunächst festgestellt, dass eine Bindungswirkung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes für die Gerichte anderer Bundesländer nicht besteht (siehe BayObLG, Beschluss vom 09.12.2019 - 202 ObOWi 1955/19, juris Rn. 5, DAR 2020, 145; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.03.2020 - 2 RBs 30/20, juris Rn. 4; OLG Hamm, Beschluss vom 13.01.2020 - 1 RBs 255/19, juris Rn. 7; OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2019 - 1 RBs 339/19, Rn. 7, DAR 2019, 695; diese beschränkte Bindungswirkung anerkennend ebenfalls VerfGH Saarland, Urteil vom 05.07.2019 - Lv 7/17, juris Rn. 62, NJW 2019, 2456). Weiter konnte die vom Verfassungsgerichtshof des Saarlandes seiner Rechtsprechung zugrunde gelegte Prämisse widerlegt werden, dass die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Rechtsfigur des standardisierten Messverfahrens mit Blick auf solche Fälle entwickelt worden seien, in denen die Rohmessdaten zur Überprüfung zur Verfügung standen: Dies ist vielmehr beispielsweise bei dem der diesbezüglichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.10.1997 (siehe BGH, Beschluss vom 30.10.1997 - 4 StR 24/97, juris Rn. 20 ff., BGHSt 43, 277) zugrundeliegenden Laserhandmessgerät LTI 20/20 (sog. Laserpistole) nicht der Fall (siehe BayObLG, a.a.O., juris Rn. 6; OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Oldenburg, a.a.O., juris Rn. 26 f.). Eine von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt erteilte Zulassung des verwendeten Messgeräts zur innerstaatlichen Eichung sei als ein antizipiertes Sachverständigengutachten zu begreifen, welches die Richtigkeit des gemessenen Wertes indiziere (siehe BayObLG, a.a.O., juris Rn. 8; OLG Düsseldorf, a.a.O., juris Rn. 8). Gegenüber der vom Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hervorgehobenen Bedeutung des Grundsatzes des fairen Verfahrens wird darauf hingewiesen, dass es hierzu einer Gesamtschau bedürfe, bei der neben den Rechten des Betroffenen insbesondere auch die Erfordernisse einer funktionierenden Rechtspflege - zumal im OWiG-Verfahren - zu berücksichtigen seien (siehe VerfGH Rheinland-Pfalz, a.a.O.; vgl. auch OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O., juris Rn. 14; OLG Köln, a.a.O.).

 dd. Festzustellen ist aber, dass die Argumentation des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes sich als nicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Grundsätzen der Anwendung von standardisierten Messverfahren vereinbar erweist, wonach bei diesen durch Normen vereinheitlichten (technischen) Verfahren ein Erfordernis, dass sich das Tatgericht von der Zuverlässigkeit der Messungen im konkreten Fall überzeugt, nur dann bestehen soll, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (siehe BGH, Beschluss vom 19.08.1993 -4 StR 627/92, juris Rn. 28, BGHSt 39, 291; Beschluss vom 30.10.1997 - 4 StR 24/97, juris Rn. 26, BGHSt 43, 277). Diese Grundsätze würden nicht beachtet, wenn auch ohne das Vorliegen solcher konkreten Anhaltspunkte für Messfehler allein wegen der fehlenden Speicherung von Rohmessdaten die Messergebnisse des betreffenden Geräts als unverwertbar angesehen würden (siehe BayObLG, a.a.O., juris Rn. 5; OLG Schleswig, a.a.O.). Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich das Oberlandesgericht Saarbrücken der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes angeschlossen hat, bedarf es auch keiner Divergenzvorlage in entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 2 GVG (siehe hierzu allgemein BGH, Beschluss vom 08.05.2013 - 4 StR 336/12, juris Rn. 11, BGHSt 58, 243; vgl. auch VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.01.2020 - VGH B 19/19, juris Rn. 33, NZV 2020, 97 m.w.N.) für eine Abweichung von dieser Auffassung, so es denn auf diese Frage überhaupt entscheidungserheblich ankäme, da es sich hier vielmehr um eine höchstrichterlich bereits geklärte Rechtsfrage handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 12.12.2018 - 5 StR 230/18, juris Rn. 5, NStZ-RR 2019, 110 m.w.N.): Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nach den vorstehenden Ausführungen eine Überprüfung der Messergebnisse eines standardisierte Messverfahrens nur bei Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten für Messfehler geboten und dieser Rechtsstandpunkt schließt es zugleich entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes sowie des Oberlandesgerichts Saarbrücken aus, diese Messergebnisse schon wegen des allgemeinen Umstands der nicht erfolgten Speicherung von Rohmessdaten als unverwertbar anzusehen. Dies ist nicht mit dem Fehlen einer nachträglichen Richtigkeitskontrolle des Messergebnisses eines standardisierten Messergebnisses gleichzusetzen, sondern es ist das Überprüfungsinteresse vielmehr dadurch gewahrt, dass bei begründeten Zweifeln an der Konformität des in Rede stehenden Gerätes mit den zulassungstechnischen Vorgaben der PTB oder bei Vermutung eines Gerätedefekts die Möglichkeit einer Befundprüfung durch die zuständige Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfstelle besteht, mit der festgestellt werden kann, ob ein geeichtes bzw. eichfähiges Messgerät die Verkehrsfehlergrenzen einhält (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.08.2019 - 2 RBs 123/19, juris Rn. 9).

 ee. Letztlich kann dies für den vorliegenden Fall aber dahinstehen, da dem Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde jedenfalls schon die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer entsprechenden Verfahrensrüge nicht zu entnehmen sind, so dass es an einer formgerechten Begründung des Zulassungsantrags mangelt. Vielmehr würde die Geltendmachung einer solchen Verfahrensrüge in Bezug auf die Verletzung eines Beweisverwertungsverbots voraussetzen, dass der Betroffene der Verwertung des Beweises in der Hauptverhandlung bis zu dem in § 257 StPO bezeichneten Zeitpunkt widersprochen hat (siehe OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.01.2020 - (1Z) 53 Ss-OWi 798/19 (4/20), juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2019 - 2 RBs 141/19, juris Rn. 5; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.11.2019 - 2 Rb 35 Ss 808/19, juris Rn. 4; zu diesem Erfordernis bei der Rüge von Beweisverwertungsverboten im Allgemeinen siehe BGH, Urteil vom 09.04.1997 - 3 StR 2/97, juris Rn. 7, NStZ 1997, 614). Dieser Vortrag ist dem Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, auf dessen Prüfung der Senat mangels gleichzeitiger Erhebung einer Sachrüge beschränkt ist, nicht zu entnehmen.

OLG Bremen Beschl. v. 6.4.2020 – 1 SsRs 10/20, BeckRS 2020, 5935

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5 Kommentare

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Immer wieder lustig, die immer gleichen - aber darum nicht weniger unverständlichen - Argumentationen der OLG zu lesen.

Man muss wohl Jurist sein, um verstehen zu können, wie man von einem Betroffenen einerseits fordern kann, er müsse  konkret vortragen, um eine Messung im Sinne eines standardisierten Messverahrens angreifen zu können, um ihm dann die  einzige Möglichkeit der konkreten Nachprüfung einer Messung mithilfe der Rohdaten zu nehmen.

Die offenbar wenig technikaffinen Hochleistungsjuristen der OLG verkennen, dass das standardisierte Messverfahen in einer Zeit eingeführt wurde, als die Messgeräte noch ganz andere waren und der Messwert nicht maßgeblich von der Software bestimmt wurden.

Dass sie darüber hinaus immer wieder die Unfehlbarkeit der PTB betonen und dabei (das kann jetzt wirklich nur noch bei vollkommener Unkenntnis oder bewusster Außerachtlassung passieren) all die Fälle unberücksichtigt lassen, wo sich die Fehlbarkeit mehr als deutlich gezeigt hat, zeigt schon, wohin der Hase läuft:

Prozessökonomie steht im Vordergrund. Wenn dabei dann mal ein paar Fehlmessungen unter den Tisch fallen, ist das für die überwiegende Mehrzahl der Juristen ein hinnehmbarer Kollateralschaden.

Das ist für sich betrachtet schon ekelhaft genug. Wenn sich die weisen OLG-Richter dann aber auch noch beharrlich vor einer Vorlage beim BGH drücken, fällt einem nichts mehr ein. Es lässt  tief blicken, wenn man den eigenen Entscheidungen so wenig vertraut.

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Ich war selbst Bußgeldrichter und habe in einem Verfahren einem Verteidiger angeboten, zur Klärung grundsätzlicher Fragen am Messsystem als solchen ein Sachverständigengutachten einzuholen, das insoweit Bedenken angemeldet hat. Dieses sollte mir erläutern, woraus eine generelle Unzuverlässigkeit des Messystems hergeleitet werden kann. Dieses Gutachten habe ich der PTB zur Stellungnahme übersandt. Es wurde eine ausführliche Begründung vorgelegt. Plötzlich konnten seitens des Sachverständigen die Bedenken nicht mehr aufrecht erhalten bleiben.

Ich habe häufig ergänzende Stellungnahmen von der PTB angefordert. Alles was man von denen bekommen hatte, hatte Hand und Fuß. Gänzlich anders häufig die privaten Sachverständigengutachten.

Wo hat sich denn bitte die Fehlbarkeit der PTB deutlich gezeigt??? Mir ist kein einziger Fall bekannt!!! Bitte mal benennen.

Was ist zugegben muss: Ich verstehe es auch nicht, weswegen es dem BGH nicht vorgelegt wird. Aber im übrigen bin ich überzeut, dass eine Verurteilung auf dieser Grundlage prinzipiell möglich sein muss.

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Kein seriöser Sachverständiger geht von einer “generellen Unzuverlässigkeit“ eines von der PTB geprüften und zugelassenen Messgeräts aus. Zumindest aus technischer Sicht sollte ein Messgerät aber so gestaltet sein, dass eine nachträgliche Richtigkeitskontrolle möglich ist. So können dann von eventuelle Sondereffekte aufgedeckt werden, die der PTB bei ihren Prüfungen nicht aufgefallen sind. Die PTB führt bei ihrer Prüfung einige 1000 Messungen durch. Ein bundesweit vernetztes Kollektiv von Sachverständigen schaut jedes Jahr eine um ein Vielfaches höhere Anzahl von Messungen durch, sodass dort Sondereffekte eher auffallen können.

Ihnen sind keine Fälle für solche Sondereffekte bekannt, die zeigen, dass die PTB alles andere als unfehlbar ist? Bei einem informierten Bußgeldrichter eigentlich schwer vorstellbar....

Hier sind ein paar Beispiele:

Handlasermessgeräte:

Beim Schwenken über ruhende Objekte zeigten die Handlasermessgeräte der ersten Generation infolge einer sog. Stufenprofilmessung eine Geschwindigkeit an.

ProViDa-Messungen:

Die PTB nicht bedacht (und auf der Referenzmessanlage im Gerden STraßenbereich logischerweise auch nicht feststellen können), dass sich bei Kurvenfahrt infolge der Schräglage der Abrollradius ändert. Sachverständige haben dann den offensichtlichen Einfluss theoretisch und messtechnisch nachgewiesen sodass die PTB nachträglich erklärt hat, Messungen in Schräglage dürften nicht Ausgewertet werden Der Einfluss von Brems- und Beschleunigungsschlupf ist bis heute nicht untersucht und berücksichtigt.

eso ES3.0:

Das Bild der Funkkamera wurde in Einzelfällen verspätet ausgelöst und der Messwert konnte dem nachfolgenden Fahrzeug zugeordnet werden, ohne dass dies nachzuvollziehen war. Als Folge wurde eine Überwachung der Auslösezeit eingeführt und außerdem ein Code in die Fotos der Funkkamera eingeblendet, der eine eindeutige Zuordnung ermöglichte.

PoliScanSpeed:

Bei der Kamera traten Auslöseverzögerungen auf, die ein Ausfahren des Fahrzeugs aus dem Bildbereich zuließen. Der Messwert konnte dann u.U. einem  möglicherweise zufällig nachfahrenden, unbeteiligten Fahrzeug zugeordnet worden.

CG-P50E:

Bei der Zulassung ist nicht aufgefallen, dass der angebliche Charaktergenerator die Zeit einfach aus den gelieferten Video-Halbbildern generiert und keine eigene interne Zeitbasis zum Vergleich der generierten Zeitsignale besitzt. Es ist bei der Eichung somit über Jahre nicht der Zeichengenerator geeicht worden, für den der Eichschein ausgestellt worden ist, sondern vielmehr die beliebige Bildimpulsrate derjenigen Kamera, die zufällig bei der Eichung angeschlossen war

Leivtec XV3:

Es wurde festgestellt, dass die in der Bauartzulassung vorgegebene Länge eines bestimmten Kabels des Messgeräts LEIVTEC XV3 von 3  m nicht eingehalten worden war. Dies galt selbst für das Messgerät, das der PTB bei der Prüfung vorgelegt worden war. Die PTB ohne eigene Prüfungen offenbar lediglich die Angaben des Herstellers in das Zulassungsdokument übernommen. Die entsprechenden Kabel aller Messgeräte mussten anschließend gekürzt werden.

Das eklatanteste Beispiel stellt aber der unter bestimmten, eng begrenzten Bedingungen mögliche Einfluss des LED-Lichts auf den Messwert bei eso ES3.0 und EES 8.0 dar. Da ich nach ihrem Beitrag vermute, dass sie davon noch nie etwas gehört haben, suchen Sie einfach mal im www nach optische Täuschung-schneller dank LED.

Alle der zuvor beschriebenen und durch technische Veränderungen und/oder andere Software behobenen Mängel waren  Sachverständigen aufgefallen. Keiner der Mängel hätte im Rahmen einer Befundprüfung festgestellt werden können. Dies zeigt, wie sinnfrei die von der PTB gebetsmühlenhaft für eine nachträgliche Überprüfung der Messrichtigkeit empfohlene Befundprüfung ist.

Sie haben sicher Recht damit, dass es einige Gutachter gibt, deren Elaborate die Bezeichnung “Gutachten“ nicht verdienen. Das ändert aber nichts daran, dass es sich bei Effekten wie der LED-Beeinflussung bei eso nicht um “Bedenken“ handelt, sondern um einen physikalisch begründbaren, von der PTB bei der Zulassung übersehenen Sondereffekt handelt. Dieser Sondereffekt zeigt im Übrigen, dass das Messgerät genau das tut, was in der Bauartzulassung beschrieben wurde: es erkennt Helligkeitsänderungen. Nur die Rückschlusse, die es daraus zieht, können in bestimmten Sondersituationen eben zu einem Messwert außerhalb der Verkehrsfehlergrenzen führen.

Solche Sondersituationen können nur dann auffallen, wenn die Rohmessdaten ausgewertet werden können. Besteht diese Möglichkeit nicht, so werden natürlich in Zukunft auch keine eventuellen Unregelmäßigkeiten mehr auffallen.

Die PTB stellt sich mit ihrer jetzigen, willkürlichen und hanebüchen begründeten Vorgabe hinsichtlich der Unterbindung der Integration aller Rohmessdaten oder Hilfsgrößen in den Messdatensatz also selbst ein Unfehlbarkeitszeugnis aus.

Für mich spricht es auf jeden Fall nicht für ein rechtsstaatliches Vorgehen, wenn man solchen Sachverhalt gutheißt und gleichzeitig Sachverständige in einem Urteil mit "sog. Gutachten" diffamiert, wie es beispielsweise das OLG Frankfurt getan hat.

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Ein Nachbrenner zur PTB.

Den Vogel abgeschoßen haben sie mit dem Anhang in diesem Dokument: https://oar.ptb.de/resources/show/10.7795/520.20160913B

Dort soll der "Nachweis" geführt werden daß durch dynamische Beaufschlagungen des Meßwagens - z.B. Ein- bzw Aussteigen des Meßbeamten - das Meßergebnis nicht verfälscht wird. Dabei simulieren sie die dynamische Belastung mit einer quasistatischen Lastaufbringung. Wenn es nicht so traurig wäre, daß eine technische Bundesbehörde so einen Blödsinn selbst veröffentlicht, könnte man herzlich darüber lachen.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten: Es gibt bei der PTB Mittarbeiter die wohl viel Zeit haben, aber wenig Ahnung von dem was sie tun.

Das wäre nicht so schlimm, gäbe es nicht offensichtlich Bußgeldrichter, die jeden Mist glauben wenn er nur von der PTB im Brustton der Überzeugung vorgetragen wird.

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Viele Bußgeldrichter haben einfach nicht genug technisches Verständnis, um von sich aus erkennen zu können, wie unsinnig die Stellungnahmen der PTB teilweise sind.

Wieder andere glauben - so wie in Beitrag 2 - an die Unfehlbarkeit der PTB, weill sie keine Beispiele für die Fehlbarkeit kennen.

Infolge der Masse von Verfahren, die ein Richter abzuarbeiten hat, wird dann in vielen Fällen niemand gefragt, der mögliche und nachweisbare Unzulänglichkeiten erläutern könnte und es besteht auch kein Interesse, sich im Detail mit der Sache auseinanderzusetzen.

Da ist es zumindest verständlich, wenn man sich als Amtsrichter an der für jeden Techniker offensichtlich falschen OLG-Argumentation "PTB-Zulassung = antizipiertes Sachverständigengutachten = immer alles bestens" orientiert und damit jeden Einwand abbügelt.

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