Corona-bedingte Änderungen im Kartellrecht

von Prof. Dr. Christian Alexander, veröffentlicht am 13.05.2020

Die Koalitionsparteien haben den Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Wettbewerbsrecht und für den Bereich der Selbstverwaltungsorganisationen der gewerblichen Wirtschaft (BT-Drucksache 19/18963) vorgestellt, der unter anderem Anpassungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorsieht. Hierfür soll § 186 GWB um zwei Absätze ergänzt werden.

I. Fristverlängerung bei der Zusammenschlusskontrolle

Die erste Änderung betrifft die Fristen in Verfahren der Zusammenschlusskontrolle. Hier gelten bekanntlich die sehr kurzen Prüfungsfristen gemäß § 40 Abs. 1 und 2 GWB. Der Entwurf geht davon aus, dass in der aktuellen, durch die Pandemie bedingten Sondersituation die erforderlichen fusionskontrollrechtlichen Ermittlungen teilweise nicht oder nicht innerhalb der erforderlichen Fristen durchgeführt werden können. Um dem Bundeskartellamt bei der Prüfung von Zusammenschlüssen weiter Ermittlungen in den betroffenen Märkten, insbesondere bei dritten Unternehmen, zu ermöglichen, sollen nach dem Gesetzesentwurf die Prüffristen der Fusionskontrolle einmalig verlängert werden. Diese Verlängerung soll für Anmeldungen von Zusammenschlüssen in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Mai 2020 gelten.

Der Wortlaut dieses Regelungsvorschlags lautet:

"(7) Für einen Zusammenschluss, für den die Anmeldung nach § 39 zwischen dem 1. März 2020 und dem Ablauf des 31. Mai 2020 beim Bundeskartellamt eingegangen ist, beträgt die Frist nach § 40 Absatz 1 Satz 1 zwei Monate und die Frist nach § 40 Absatz 2 Satz 2 sechs Monate. Satz 1 gilt auch im Fall des § 40 Absatz 5. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn am … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 4 dieses Gesetzes]
1. die Frist nach § 40 Absatz 1 Satz 1 abgelaufen war, ohne dass das Bundeskartellamt den anmeldenden Unternehmen mitgeteilt hat, dass es in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten ist,
2. die Frist nach § 40 Absatz 2 Satz 2 abgelaufen war oder
3. der Zusammenschluss vom Bundeskartellamt freigegeben worden war."

Der deutsche Gesetzentwurf lehnt sich bewusst an eine ähnliche Fristverlängerung an, die für das österreichische Kartellrecht geschaffen wurde (§ 6 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz).

II. Bußgelder

Die zweite Regelung betrifft Bußgelder und knüpft an der Verzinsungsregelung des § 81 Abs. 6 GWB an. Damit die Fortführung von Unternehmen nach der Krise nicht gefährdet wird, soll die Zinspflicht für Bußgelder, für die Zahlungserleichterungen wie Stundung oder Ratenzahlung gewährt sind, bis zum 30. Juni 2021 ausgesetzt werden.

Der Regelungsvorschlag lautet:

"(8) § 81 Absatz 6 Satz 1 ist in der Zeit bis zum Ablauf des 30. Juni 2021 nicht anzuwenden, soweit für die Zahlung einer Geldbuße Zahlungserleichterungen nach § 18 oder § 93 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gewährt sind.“

Erläuternd wird dazu in der Begründung des Gesetzentwurfes ausgeführt:

"Die Zahlungserleichterungen müssen nicht bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vorliegen. Auch bei einer späteren Gewährung von Zahlungserleichterungen entfällt die Pflicht zur Verzinsung. Die Aussetzung der Verzinsungspflicht ist jedoch auf den Zeitraum begrenzt, für den die Zahlungserleichterungen gewährt sind. Es reicht nicht aus, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt Zahlungserleichterungen gewährt wurden und diese nicht mehr bestehen.
Voraussetzung für die Zahlungserleichterungen ist nach § 18 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, dass dem Betroffenen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, die Geldbuße sofort zu zahlen. Gerade infolge der COVID-19-Pandemie kann sich die finanzielle Lage von Unternehmen kurzfristig so verschlechtern, dass Zahlungserleichterungen nach § 18 OWiG geboten sind. Die Regelung selbst ist bis zum 30. Juni 2021 befristet."

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