Coronapandemie: Voraussetzungen einer Videokonferenz - private Rechner und private Software?

von Dr. Oliver Elzer, veröffentlicht am 16.05.2020
Rechtsgebiete: ZivilverfahrensrechtCoronaRechtspolitik|2549 Aufrufe

Bei einer mündlichen Verhandlung des Kammergerichts sind die drei Mitglieder des Berufungssenats im Sitzungssaal anwesend. Sie halten dort eine Videokonferenz mit den Prozessbevollmächtigten der Parteien ab. Die Prozessbevollmächtigten sind über eine Webkonferenz-Anwendung zugeschaltet. Die Anwendung ist auf Rechnern installiert, die den Richtern gehören. Die Webkonferenz-Anwendung hat das Gericht nicht gestellt. Fraglich ist, ob diese Vorgehensweise von § 128a ZPO gedeckt ist und eine ordnungsgemäße mündliche Verhandlung vorliegt.

Das KG bejaht die Frage! Die Vorgehensweise sei von § 128a I ZPO gedeckt. Der Bestimmung sei insoweit keine Einschränkung zu entnehmen. Die Verhandlung sei auch öffentlich gewesen, da das Gericht zur Zeit der Verhandlung unbeschadet der Einschränkungen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie für die Öffentlichkeit zugänglich und der Saal, in dem die Senatsmitglieder saßen, ebenfalls geöffnet gewesen sei.

Der auf den ersten Blick überraschenden Entsscheidung ist zuzustimmen! § 128a ZPO erlaubt zwar keine allseitige Videokonferenz (Rauscher COVuR 2020, 2 (6); MüKoZPO/Fritsche, 5. Aufl. 2016, 128a Rn. 3). Denn nach § 219 ZPO werden die Termine an der Gerichtsstelle abgehalten, sofern nicht die Einnahme eines Augenscheins an Ort und Stelle, die Verhandlung mit einer am Erscheinen vor Gericht verhinderten Person oder eine sonstige Handlung erforderlich ist, die an der Gerichtsstelle nicht vorgenommen werden kann. § 128a ZPO verbietet es hingegen nicht, dass Richter private Rechner und private Anwendungen z.B. für eine Übertragung von Bild und Ton einsetzen. Denn welchen Weg einer elektronischen Kommunikation die Richter gehen, ist wie in anderen Gesetzen bewusst nicht bestimmt. Auch der Datenschutz kann privaten Rechnern und Anwendungen kaum entgegenstehen. Die Sitzungen sind sowieso öffentlich.

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