Umweltlärm und Bolzplatz II - BGH strikes again !

von Dr. Michael Selk, veröffentlicht am 14.07.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtMiet- und WEG-Recht|4361 Aufrufe

Taggenau fünf Jahre nach der ersten "Bolzplatzentscheidung" des VIII. Zivilsenats hat der BGH sich wieder mit Umweltmängeln und Minderung beschäftigen müssen - die erste Entscheidung stammte vom 29.4.2015, die neue ist vom 29.4.2020 (VIII ZR 31/18, NZM 2020, 598ff .

Das Urteil enthält sozusagen eine Weiterentwicklung der Senatslinie: Baulärm, Verkehrslärm und andere Immissionen, die durch Dritte (nicht den Vermieter bzw. seine Beauftragten) selbst verursacht werden, stellen nur einen Mangel der Mietsache dar, wenn der Vermieter selbst Unterlassungs- oder Entschädigungsansprüche gegen den Störer hätte. Auf Details werde ich voraussichtlich in einem der nächsten Hefte der NZM eingehen.

Vorab jedoch schon einmal der Hinweis, dass die Empfehlung an die Vertragsparteien bleibt: sowohl Mieter als auch Vermieter müssen nun sachenrechtlich denken und zu den Voraussetzungen des § 906 BGB vortragen. Der BGH gibt dem Mieter die Darlegungs- und Beweislast für die Immissionen und die Wesentlichkeit. Der Vermieter hingegen soll nach Ansicht des Senats dazu vortragen, warum er keine Unterlassungs- oder Entschädigungsansprüche gegen gegen den Störer hat, so dass daher eine Minderung des Mieters ausscheidet. Wie auch hier in anderen Beiträgen schon dargelegt: das Mietrecht steht hier nun unter sachenrechtlichem Regime, dogmatisch nach wie vor bemerkenswert genug.

Auch kommt auf Amts-, Land- und in Gewerbemietsachen auf OLG erhebliche Mehrarbeit zu. Die von vielen Tatgerichten vorgenommene Typifizierung bei Baulärm mit der Folge der Ersparnis einer Beweisaufnahme lehnt der Senat ab. Zwar benötige man kein Lärmprotokoll; wenn aber der Vermieter den Vortrag bestreite, kann sich der Tatrichter nicht darauf zurückziehen, Baulärm gehe nun einmal mit bestimmten typischen Beeinträchtigungen einher. Vielmehr muss er in eine dann in der Regel sehr umfassende und lange Beweisaufnahme eintreten. 

Weitere Entscheidungen des Senats dazu stehen an - jedenfalls eine weitere Revision ist noch anhängig. Solange der XII. Zivilsenat nicht Gelegenheit erhält, seine bislang angedeutete abweichende Auffassung zu entscheiden bzw. anzufragen, ob der VIII. Senat bei seiner Meinung bleibt, wird man sich weiter auf die Existenz des Sachenrechts im Mietrecht einrichten müssen.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen