Sehr praxisrelevant: BGH zur Einziehung – Teil 8 (zur Einziehung von Betäubungsmitteln, die bereits konsumiert sind)

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 17.07.2020

In der folgenden Entscheidung hat sich der BGH mit der Frage befasst, inwieweit Betäubungsmittel, die bereits konsumiert sind, der Einziehung unterliegen (BGH Beschl. v. 10.6.2020 – 3 StR 37/20, BeckRS 2020, 15820).

Der Sachverhalt: Der Angeklagte erwarb in insgesamt 27 Fällen Haschisch, Marihuana, Kokain, Ecstasy und/oder Amphetamin zum Eigengebrauch zu einem Gesamtpreis von 19.700,00 €. Bis auf einen Fall, in dem der Angeklagte die Betäubungsmittel in den Niederlanden abholte und selbst zu seinem Wohnort in Deutschland verbrachte (Kaufpreis: 500,- €), fanden die Übergaben in Deutschland statt.

Entscheidung des Landgerichts: Das Landgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe und ordnete die „Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 19.700,00 €“ gem. § 73c StGB an.

Entscheidung des BGH: Der BGH hiob die Einziehungsanordnung des Landgerichts wegen durchgreifender Rechtsfehler auf, da das Landgericht fälschlich von einer Einziehung des Wertes von Tatertägen ausgegangen ist, und nicht von einer Wertersatzeinziehung nach § 74c StGB. Hierzu führt er aus:

"Bei den vom Angeklagten ,erlangten' Betäubungsmitteln handelt es sich nicht um Taterträge im Sinne der §§ 73, 73c StGB, sondern um Tatobjekte gemäß § 33 Satz 1 BtMG, § 74 Abs. 2 StGB (Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 70, 326; KPV BtMG/Volkmer, 9. Aufl., § 33 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - 2 StR 519/09, NStZ-RR 2010, 141, 142). Da der Angeklagte die Betäubungsmittel verbrauchte, könnte zwar grundsätzlich eine Einziehung des Wertes von Tatobjekten gemäß § 74c Abs. 1 StGB in Betracht kommen. Eine solche setzt jedoch voraus, dass dem Täter der ursprünglich einziehungsbetroffene Gegenstand zur Zeit der Tat gehörte oder zustand (BGH, Beschlüsse vom 12. Juni 2019 - 3 StR 194/19, NStZ-RR 2019, 382, 383; vom 24. September- 5 StR 269/19, NStZ 2020, 24 Rn. 7).

 In den Fällen III.1 bis 24, 26 und 27 der Urteilsgründe, in denen die Übergabe der Betäubungsmittel im Inland stattfand, konnte der Angeklagte gemäß § 134 BGB kein Eigentum an diesen erwerben (Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 392, 124; KPV BtMG/Volkmer, 9. Aufl., § 33 Rn. 80, 12; BGH, Beschlüsse vom 12. Juni 2019 - 3 StR 194/19, NStZ-RR 2019, 382, 383; vom 24. September 2019 - 5 StR 269/19, NStZ 2020, 24 Rn. 7). Die Anordnung der Einziehung von Wertersatz kann daher in Höhe von 19.200,00 € auch nicht auf § 74c StGB gestützt werden, so dass sie insoweit zu entfallen hat (§ 354 Abs. 1 analog StPO).

 b) Im Fall III.25 der Urteilsgründe, der den Erwerb von Marihuana in den Niederlanden betrifft, könnte der Angeklagte Eigentum an dem Marihuana erworben haben und daher eine Wertersatzeinziehung gemäß § 74c StGB in Höhe von 500,00 € möglich sein. Da das Urteil des Landgerichts allerdings nicht alle zur Entscheidung notwendigen Feststellungen enthält, sieht der Senat insoweit aus verfahrensökonomischen Gründen mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO von der Einziehung ab."

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen