Nicht angeschnallter Beifahrer bei Unfall mit Firmenfahrzeug: Quote?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.08.2020
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|1518 Aufrufe

Heute einmal etwas Verkehrszivilrecht. Da geht es ja oft um die Haftungsquote. Konkret um die Frage, wie das "Nichtangeschnallsein" des geschädigten Beifahrers zu berücksichtigen ist. Antwort des OLG: "40% macht das Mitverschulden aus" . Hier aufgrund der Länge der gesamten Entscheidung nur die schadensrechtsbezogenen Leitsätze:

 

1. Der Begriff der betrieblichen Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII ist weit auszulegen. Als betriebliche Tätigkeit des Schädigers ist grundsätzlich jede gegen Arbeitsunfall versicherte Tätigkeit zu qualifizieren. Hierzu zählt auch die Durchführung von Fahrten mit Betriebsfahrzeugen im Straßenverkehr. Eine betriebliche Tätigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Fahrt im Betriebsinteresse des Arbeitgebers des Versicherten durchgeführt wird.

 2. Für die Entscheidung, ob die Herbeiführung eines Verkehrsunfalls als grob fahrlässig zu qualifizieren ist, sind stets die Umstände des konkreten Einzelfalls maßgeblich. Grobe Fahrlässigkeit kann anzunehmen sein, wenn ein Fahrzeugführer auf gerader Strecke bei ungeminderter Erkennbarkeit von hinten auf ein ordnungsgemäß und hinreichend beleuchtetes Trecker-Anhänger-Gespann auffährt, ohne auszuweichen oder abzubremsen (hier bejaht).

 3. Ist unstreitig oder steht nach einer Beweisaufnahme fest, dass der Verletzte bei dem Verkehrsunfall entgegen § 21a Abs. 1 S. 1 StVO den Sicherheitsgut nicht angelegt hatte und die erlittenen Verletzungen in erheblichem Umfang auf diesem Umstand beruhen, ist der Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 110 Abs. 1 S. 1 SGB VII wegen des dem Sozialversicherungsträger zuzurechnenden Mitverschuldens des Versicherten in angemessenem Umfang - hier mit 40% bemessen - zu kürzen. Die Bemessung des Mitverschuldens erfolgt einheitlich; eine Differenzierung danach, ob einzelne Verletzungen oder Verletzungsfolgen bzw. die einzelnen Aufwendungen des Sozialversicherungsträgers darauf zurückzuführen sind, dass der Geschädigte angegurtet war oder nicht, findet nicht statt.

OLG Celle, Urteil vom 08.07.2020 - 14 U 25/18, BeckRS 2020, 15587

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Die Differenzierung dass der Geschaedigte angegurtet war oder nicht, findet nicht statt. Somit sind dann auch angegurtete Mitfahrer auf Ruecksitzen mit 40% mitschudig. Sehr unverstaendlich.

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