LAG Nürnberg zur Nutzung der deutschen Sprache durch Vorgesetzte

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 18.08.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|3140 Aufrufe

Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass der Vertreter des Arbeitgebers in Gesprächen mit ihm - dem Betriebsrat - in deutscher Sprache spricht und diese versteht, wenn gewährleistet ist, dass jeweils entsprechende Übersetzungen erfolgen.

Existieren keine arbeitgeberseitigen Vorgaben zur Verwendung einer Sprache, kann der Betriebsrat ein Begehren dahingehend, dass der Arbeitgeber bzw. sein Filialleiter mit Mitarbeitern immer in deutscher Sprache kommunizieren muss, auch nicht auf eine Verletzung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG stützen.

Das hat das LAG Nürnberg entschieden.

Die Arbeitgeberin ist ein Einzelhandelsunternehmen, das Bekleidung, Schuhe und Accessoires verkauft. Sie gehört einer in Spanien ansässigen Konzernmutter. In der Filiale in N. sind etwa 64 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Filialleiterin ist Italienerin. Sie spricht neben ihrer Muttersprache Englisch, aber nur wenig Deutsch. Deswegen findet ihre Kommunikation überwiegend auf Englisch statt. Der Betriebsrat begehrt, es der Arbeitgeberin aufzugeben, mit Mitgliedern des Betriebsrats, auf Mitarbeiterversammlungen und gegenüber den Arbeitnehmern des Betriebs (iSv. § 5 BetrVG) nicht in einer anderen Sprache als der deutschen zu kommunizieren.

Der Antrag blieb sowohl beim ArbG Nürnberg als auch in der Beschwerdeinstanz ohne Erfolg:

Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass der Arbeitgeber selbst oder der vom Arbeitgeber bestimmte Vertreter nur in einer Weise mit ihm kommuniziert, in der der zu den Besprechungen oder Verhandlungen entsandte Vertreter des Arbeitgebers selbst ausschließlich die deutsche Sprache gebraucht. Wesentliche Behinderungen der Betriebsratsarbeit oder Einschränkungen der Entfaltungsmöglichkeiten des Betriebsrats liegen nicht vor, wenn gewährleistet ist, dass sämtliche Erklärungen der Filialleiterin in verständlicher Form gegenüber den Betriebsratsmitgliedern abgegeben und die Erklärungen von Betriebsratsmitgliedern gegenüber der Filialleitung auch entgegengenommen und wahrgenommen werden können. Hierzu gehört, dass Erklärungen in Schrift- oder Textform zumindest dann in deutscher Sprache den Betriebsratsmitgliedern oder – über den Betriebsratsvorsitzenden – dem Betriebsratsgremium zur Kenntnis gegeben werden, wenn diese Betriebsratsmitglieder die Fremdsprache nicht ausreichend beherrschen, wovon nach dem Vortrag der Beteiligten ausgegangen werden muss. Ob der Arbeitgeber oder die von ihm beauftragten Vertreter oder auch die Filialleitung persönlich die Texte in deutscher Sprache verfassen, ist hierbei unerheblich. Entscheidend ist, dass die Texte in deutscher Sprache beim Betriebsrat ankommen und von den Betriebsratsmitgliedern an die Vertreter des Arbeitgebers auf den Weg gegeben werden können.

Dies gilt in derselben Weise auch für mündliche Erklärungen der Beteiligten. Wenn gewährleistet ist, dass Erklärungen der Filialleiterin gegenüber dem Betriebsrat oder Betriebsratsmitgliedern übersetzt werden, soweit dies gewünscht ist, ist gleichzeitig gewährleistet, dass die Betriebsratsmitglieder verstehen und nachvollziehen können, was die Filialleitung meint und ihnen zu verstehen geben will. Falls diejenige Kraft, die die Übersetzung vornimmt, nicht korrekt übersetzt, geht dies zu Lasten der Filialleitung.

LAG Nürnberg, Beschl. vom 18.6.2020 - 1 TaBV 33/19, BeckRS 2020, 19061; Presseberichte hier

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1 Kommentar

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In der BRD sollte "Deutsch" immer angewendet werden. Wird aber nicht. Die Vermischungen mit anderen Sprachen sind allzeit zuverfolgen und mit ihren tollsten Ausrastern die ja auch mittlerweilen bei der Justiz angekommen sind. Die Verfechter dieser Angewohnheit  rechtfertigen dies mit , "die deutsche Sprache entwickelt sich weiter ". Der Filialleiterin hat man somit eine Steilvorlage ermoeglicht, diesen entwickelten Sprachgebrauch anzuwenden.

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