Beihilferechtliche Zulässigkeit einer „Tierwohlprämie“

von Prof. Dr. Jose Martinez, veröffentlicht am 22.09.2020

Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung hat im Februar 2020 Empfehlungen für eine langfristige Transformation der Nutztierhaltung in Deutschland vorgelegt. Der Kompetenzkreis schlägt dabei vor, „den Erzeugern die höheren Kosten tiergerechter Haltungsverfahren mit einer Kombination von

  • Prämien zur Abdeckung der laufenden Kosten (für alle drei Stufen) und
  • einer Investitionsförderung (ausschließlich für Stufen zwei und drei) zu einem hohen Anteil von insgesamt etwa 80–90 % auszugleichen."

Der Schwerpunkt der Förderung sollte auf dem Ausgleich der laufenden Kosten liegen, da diese auch den größten Anteil an den Kosten des Tierwohls ausmachen.“ Der Deutsche Bundestag hat am 3. Juli 2020 beschlossen, die Empfehlungen umzusetzen . Die Umsetzung muss die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten, die das Europarecht und das Verfassungsrecht setzen. Das gilt zum einen für die beihilferechtliche Ausformung der empfohlenen Tierwohlprämie, zum anderen für die finanzverfassungsrechtliche Ausgestaltung der Finanzierung dieser Prämie. Im folgenden werden  nur die erörtert.

Hinsichtlich der beihilferechtlichen Fragestellungen ist festzustellen, dass die geplante Tierwohlprämie europarechtlich zulässig in folgenden zwei Formen ausgestaltbar ist

1. als ELER-konforme staatliche Beihilfe begrenzt auf  sieben Jahre im Rahmen des Nationalen Rahmenplans und der EPLR. Die Kommission kontrolliert im Rahmen der Genehmigung der EPLR die beihilferechtliche Konformität. Eine gesonderte Notifizierung der staatlichen Beihilfe ist daher nicht erforderlich. Zudem muss zwar beachtet werden, dass grundsätzlich nur überobligatorische Selbstverpflichtungen der Landwirte beihilfefähig sind. Soweit eine stufenweise versetzte Anhebung der gesetzlichen Tierwohlstandards beschlossen wird, ist zumindest ein Teil der Kosten bereits als Folge überobligatorischer Selbstverpflichtungen anzunehmen. Im Übrigen zeigt die Praxis der Kommission, dass sie bereit ist, bei erheblichen, zusätzlichen Mehrbelastungen durch einen Anstieg von Standards für Gemeinwohlleistungen bereit ist, diese übergangsweise zu kompensieren bzw. staatliche Kompensationen zu genehmigen.

 2. als reine staatliche Beihilfe ohne Finanzierungsmittel der EU konzipiert werden. Dann muss die Maßnahme in die Landesprogramme mit GAK (und ohne Finanzierung durch die EU) aufgenommen werden. Diese staatliche Beihilfe muss notifiziert werden und kann vor der Genehmigung nicht umgesetzt werden. Sie läuft also über das „normale“ beihilferechtliche Kontrollverfahren und wird auf die beihilferechtliche Konformität überprüft. Hierbei sind die unter 1. genannten Punkte ebenso zu berücksichtigen.

Weiteres ist nachzulesen unter Martinez, AuR 2020, S. 282-289.

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