Keine Akteneinsicht der StA in Betreuungsakte? Kein Rechtsmittel!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.10.2020
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Die Staatsanwaltschaft Freiburg wollte Akteneinsicht in die Betreuungsakten des  Amtsgerichts - Betreuungsgericht – Titisee-Neustadt. Grund natürlich: Die Prüfung der Schuldfähigkeit. Das AG hatte dazu keine Lust. Die Staatsanwaltschaft versuchte es daraufhin mit einem Antrag nach § 23 EGGVG. Klappte aber nicht:

 

1. Die Verfahren 6 VA 19/20 und 6 VA 23/20 werden verbunden. Das Verfahren 6 VA 23/20 führt.   2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Antragstellerin vom 30.06.2020, wiederholt am 17.07.2020, gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Titisee-Neustadt – Betreuungsgericht – vom 22.05.2020, AZ XVII 40/18, wird verworfen.   3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.   Gründe     I.   Die Staatsanwaltschaft Freiburg wendet sich gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts - Betreuungsgericht – Titisee-Neustadt, mit der ihr Akteneinsicht in die dort geführten Akten aus einem laufenden Betreuungsverfahren für die Betroffene verwehrt worden ist.   Die Antragstellerin ermittelt gegen die Betroffene wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung sowie wegen Hausfriedensbruchs.   Nachdem das Amtsgericht - Betreuungsgericht - die Akteneinsicht in die Betreuungsakte der Betroffenen unter Hinweis auf eine nicht genügende Darlegung der für die Prüfung der Akteneinsicht maßgeblichen Umstände abgelehnt und die Einholung der Zustimmung der Betreuerin durch die Staatsanwaltschaft angeregt hatte, vertiefte die Staatsanwaltschaft ihr Vorbringen und bat um eine förmliche Entscheidung. Die Akteneinsicht liege im Interesse der Betroffenen, da auf ihrer Grundlage möglicherweise von einer für sie kostenintensiven Begutachtung ihrer Schuldfähigkeit abgesehen werden könne. Es gehe um die Ermittlung mildernder Umstände zugunsten der Betroffenen, nachdem Anhaltspunkte für deren fehlende oder verminderte Schuldfähigkeit vorlägen. Eine ggf. gleichwohl erforderliche Zustimmung der Betroffenen oder ihrer Betreuerin müsse das Betreuungsgericht besorgen. Dies könne zugleich mit der ohnehin erforderlichen Gewährung von rechtlichem Gehör an die Betroffene erfolgen. Die Erhebung von relevanten Aktenbestandteilen bei der Betreuerin durch die Antragstellerin sei kein milderes Mittel gegenüber einer Erhebung beim Betreuungsgericht. Die Antragstellerin hat insoweit zuletzt beantragt, ihr Akteneinsicht in die Betreuungsakten zu gewähren, hilfsweise die Einsicht auf die in der Akte befindlichen Betreuungsgutachten und ärztlichen Atteste zu beschränken.   Mit förmlichem, der Antragstellerin am 04.06.2020 zugestelltem Beschluss vom 22.05.2020, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, lehnte das Amtsgericht - Betreuungsgericht - durch den Abteilungsrichter das Ersuchen um Akteneinsicht ohne Anhörung der Betroffenen und ihrer Betreuerin ab. Ein Einverständnis der Beteiligten liege nicht vor. Die strenge Güterabwägung unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergebe kein überwiegendes Allgemeininteresse an der Akteneinsicht. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung habe sich nicht an der Praktikabilität einer einfachen und kostengünstigen Strafverfolgung, sondern am Recht des Betroffenen am Schutz seiner privaten Geheimnisse und seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu orientieren. Zwar sei die Akteneinsicht zugunsten der Betroffenen zweckmäßig, die Entscheidung hierüber obliege aber der Betroffenen. Es sei der Staatsanwaltschaft unbenommen, die Betroffene zu laden und ihr die für sie günstigen Umstände zu erläutern oder sich die Betreuungsgutachten von der Betreuungsbehörde übersenden zu lassen.   Hiergegen hat die Antragstellerin am 05.06.2020 beim Amtsgericht - Betreuungsgericht - einen als „Beschwerde gemäß § 58 Abs. 1 FamFG“ bezeichneten Rechtsbehelf eingelegt. Sie habe ein berechtigtes Interesse an der begehrten Akteneinsicht. Das - näher konkretisierte - Tatgeschehen begründe neben der bestehenden Betreuung Anhaltspunkte für eine eingeschränkte oder sogar aufgehobene Schuldfähigkeit der Betroffenen aufgrund einer psychischen Erkrankung. Die Akteneinsicht liege im Interesse der Betroffenen, da aufgrund der hieraus gewonnenen Erkenntnisse das Ermittlungsverfahren aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ohne Einholung eines kostenintensiven und aufwendigen Gutachtens zur Schuldfähigkeit möglicherweise nach § 153 StPO eingestellt werden könne. Ein überwiegendes entgegenstehendes Interesse der Betroffenen sei nicht ersichtlich. Das Amtsgericht habe, ohne eine Güterabwägung am konkreten Fall vorzunehmen, die Akteneinsicht allein aufgrund der fehlenden Zustimmung abgelehnt. Aus der Entscheidung gehe nicht hervor, ob es das Einverständnis der Betroffenen angefragt und ihr hierbei Gelegenheit gegeben habe, ihre Interessen an einer Versagung darzulegen.   Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem im Beschwerderechtszug nach § 72 Abs. 1 Satz 2 GVG übergeordneten Landgericht vorgelegt. Dieses hat mit Verfügung vom 25.06.2020, der Antragstellerin zugegangen am 26.06.2020, darauf hingewiesen, dass sich das Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG richten und daher das Oberlandesgericht Karlsruhe nach §§ 25, 28 EGGVG zuständig sein dürfte. Mit Schreiben vom 30.06.2020 ist die Staatsanwaltschaft dem beigetreten und hat ausgeführt, ihre Beschwerde sei als Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG auszulegen, die Akten seien dem Oberlandesgericht Karlsruhe vorzulegen. Hier sind die Akten am 08.07.2020 eingegangen. Ein förmlicher Antrag der Staatsanwaltschaft vom 17.07.2020 auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG, den sie teils unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen begründet hat, ist beim Oberlandesgericht Karlsruhe zusammen mit den Akten der Staatsanwaltschaft am 23.07.2020 eingegangen. II.   Der Antrag der Antragstellerin ist unzulässig, weil im Streitfall der Rechtsweg nach § 23 EGGVG nicht eröffnet ist.   1. Allerdings stellt die Entscheidung darüber, ob in einem noch nicht abgeschlossenen Verfahren im Wege der Amtshilfe Auskünfte aus Gerichtsakten zu erteilen sind bzw. die Gerichtsakte der ersuchenden Behörde ganz oder in Teilen zu überlassen ist, grundsätzlich keine spruchrichterliche Tätigkeit im Rahmen der Rechtsprechung, sondern (Justiz-)Verwaltungstätigkeit dar, sofern sich insbesondere aus einer gesetzlichen Qualifizierung der Entscheidung nichts anderes ergibt (BVerfG, Beschl. v. 02.12.2014, 1 BvR 3106/09, NJW 2015, 610 Rn. 18, 19, 31). § 20 Abs. 1 AGGVG BW lässt diese Einordnung als Justizverwaltungstätigkeit unberührt. Die Vorschrift regelt, welches Organ der Justizverwaltung über Ersuchen von Gerichten oder Behörden um Einsicht in Gerichtsakten entscheidet, und orientiert sich dabei an der Verfügungsgewalt über die Gerichtsakten (vgl. BeckOK GVG/Biehl, 7. Ed. 1.5.2020, BWAGGVG § 20 Rn. 2). Über die Ersuchen entscheidet, solange das Verfahren anhängig ist, nach § 20 Abs. 1 Satz 1 AGGVG BW der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Im Übrigen entscheiden über die Ersuchen nach § 20 Abs. 1 Satz 2 AGGVG BW die in § 17 AGGVG BW genannten Gerichtsvorstände bzw. Behördenleiter im Verwaltungsweg.   2. Gleichwohl kann die Antragstellerin gegen die Versagung der Akteneinsicht nicht nach § 23 EGGVG vorgehen. Gehören wie im Streitfall die ersuchende Staatsanwaltschaft und die ersuchte Justizbehörde zu demselben Hoheitsträger, kann die Staatsanwaltschaft eine gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG gegen die Versagung der Akteneinsicht jedenfalls dann nicht herbeiführen, wenn wie im Streitfall beide Behörden im Behördenaufbau einer gemeinsamen Entscheidungsspitze unterstehen und sich die ersuchende Behörde nicht auf eigene Rechte berufen kann.   a) In solchen Konstellationen eines Binnenstreits innerhalb der Verwaltung wird in der Literatur die Möglichkeit verneint, eine gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG zur Lösung des Konflikts herbeizuführen.   aa) Im Verhältnis der beteiligten Behörden untereinander stellt die begehrte Akteneinsicht eine Maßnahme der Amtshilfe dar. In der Literatur wird vertreten, dass gegen die Verweigerung der Amtshilfe allein im Anwendungsbereich des (hier nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 LVwVfG nicht einschlägigen) § 5 VwVfG gerichtlicher Rechtsschutz im Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein könnte, ansonsten aber (unterschiedslos) nur eine Dienstaufsichtsbeschwerde in Betracht komme (BeckOK GVG/Köhnlein, 7. Ed. 1.5.2020, EGGVG § 23 Rn. 94a mwN; Kissel/Mayer/Mayer, 9. Aufl. 2018, EGGVG § 23 Rn. 105).   bb) Nach anderer Ansicht ist der Rechtsweg nach § 23 EGGVG gegen die Ablehnung eines Akteneinsichtsersuchens einer Behörde, wenn sie und das ersuchte Gericht demselben Rechtsträgers angehören, nur unter den besonderen Voraussetzungen eröffnet, nach denen im Verwaltungsprozessrecht ein In-Sich-Prozess von Behörden desselben Rechtsträgers zulässig wäre, nämlich dann, wenn die klagende Behörde die Verletzung eigener Rechte geltend mache und keine gemeinsame Entscheidungsspitze vorliege (vgl. Gietl, NZFam 2017, 681, 685 f. mwN aus der verwaltungsprozessrechtlichen Literatur und Rechtsprechung; offen gelassen durch BGHSt 46, 261 = NstZ 2001, 389 [Ziff. II.2]). Zur Begründung wird im Wesentlichen angeführt, dass durch § 23 EGGVG nur ein Verwaltungsprozess an die ordentlichen Gerichte verlagert werde und daher keine anderen Maßstäbe gelten könnten. Verweigere ein Gericht im Geschäftsbereich des Justizministeriums die Akteneinsicht, sei daher der ersuchenden Staatsanwaltschaft der Rechtsweg nach § 23 EGGVG verwehrt; sie müsse gegen die Versagung den Dienstweg beschreiten und im Zweifel eine Klärung durch das Justizministerium herbeiführen (Gietl, NZFam 2017, 681, 685 f.).   cc) In dieselbe Richtung weist eine Ansicht, nach der (zurückgewiesene) Akteneinsichtsgesuche zwischen Behörden nur ausnahmsweise unmittelbare Außenwirkung hätten, wenn die Behörden nicht demselben Hoheitsträger angehörten, insbesondere wenn der Betroffene Träger von Grundrechten sein könne (Universitäten, Kommunen). Nur in diesem Fall komme eine Anfechtung nach §§ 23 EGGVG in Betracht (vgl. BeckOK GVG/Köhnlein, 7. Ed. 1.5.2020, EGGVG § 23 Rn. 29).   b) Demgegenüber ist das Oberlandesgericht Köln ohne Weiteres davon ausgegangen, dass eine Staatsanwaltschaft gegen die Versagung der Akteneinsicht durch ein Amtsgericht desselben Bundeslands nach § 23 EGGVG vorgehen kann (Beschl. v. 27.03.2015 - 7 VA 1/15, juris (insoweit nicht ersichtl. aus FamRZ 2015, 1926); Beschl. v. 02.12.2013 - 7 VA 2/13, juris (insoweit nicht ersichtl. aus FamRZ 2014, 788)). Gleiches hat das Oberlandesgericht Bamberg für einen Fall angenommen, in dem ein Betreuungsgericht ein Auskunftsersuchen eines wohl derselben Justizverwaltung angehörenden Gerichtsvollziehers abgelehnt hatte (Beschl. vom 17.01.2018 - 6 VA 5/17, BeckRS 2018, 548).   c) Nach Auffassung des Senats kann eine Staatsanwaltschaft gegen die Ablehnung eines Akteneinsichtsgesuchs durch ein Gericht desselben Hoheitsträgers jedenfalls dann nicht nach § 23 EGGVG vorgehen, wenn sie und das ersuchte Gericht in Angelegenheiten der Justizverwaltung der gemeinsamen Dienstaufsicht des Justizministeriums unterstehen.   aa) Im Streitfall unterliegen sowohl die Antragstellerin (vgl. §§ 146, 147 Nr. 2 GVG) als auch das ersuchte Amtsgericht bei der Entscheidung über das Akteneinsichtsgesuch als Maßnahme der Justizverwaltung der Dienstaufsicht des Justizministeriums.   Letzteres ist in § 17 Abs. 2 AGGVG BW klargestellt (BeckOK GVG/Biehl, 7. Ed. 1.5.2020, BWAGGVG § 17 Rn. 3). Nach dieser Vorschrift steht dem Justizministerium hinsichtlich der Erledigung der Geschäfte der Justizverwaltung ein Weisungsrecht gegenüber den in § 17 Abs. 1 Satz 1 AGGVG BW genannten Gerichtsvorständen und Behördenleitern zu. Gleiches gilt, wenn statt diesen über Ersuchen von Gerichten oder Behörden um Einsicht in Gerichtsakten während eines anhängigen Verfahrens der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts als Organ der Justizverwaltung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 AGGVG) entscheidet.   Gegen die Versagung der Akteneinsicht kann die Antragstellerin daher den Dienstweg beschreiten. Dem steht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der von der Akteneinsicht Betroffenen nicht entgegen. Zwar bedarf ein Datenaustausch zwischen Behörden zur staatlichen Aufgabenwahrnehmung einer Rechtsgrundlage sowohl für die ersuchte als auch die ersuchende Behörde, wobei beide Stellen die Zulässigkeit nach den für sie maßgeblichen Vorschriften zu prüfen haben (sog. Doppeltürmodell, vgl. BVerfGE 130, 151, 184). Dies schließt es aber nicht aus, dass im Konfliktfall eine gemeinsame Entscheidungsspitze der beteiligten Behörden unter Beachtung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen über den Datenaustausch entscheidet. Jedenfalls gebietet es das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht, zur Auflösung eines Streits von Behörden innerhalb derselben Justizverwaltung den Rechtsweg für einen In-Sich-Prozess zu eröffnen. Insbesondere stehen dem Betroffenen gegen eine auf dem Dienstweg veranlasste Gewährung einer Akteneinsicht dieselben Rechtsmittel wie bei einer Gewährung ohne diese Veranlassung zur Verfügung.   bb) Der Antragstellerin stehen im Hinblick auf die Akteneinsicht keine eigenen Rechte gegenüber dem Land Baden-Württemberg als gemeinsamem Hoheitsträger zu, die eine Klärung durch das Justizministerium ausschlössen.   (1) Zwar sind nach Art. 35 Abs. 1 GG Behörden untereinander zur Amtshilfe verpflichtet, wenn die ersuchte Maßnahme zulässig ist (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 17.01.2018 - 6 VA 5/17, BeckRS 2018, 548 Rn. 29; Maunz/Dürig/Dederer, 90. EL Februar 2020, GG Art. 35 Rn. 52; BeckOK GG/Epping, 43. Ed. 15.5.2020, GG Art. 35 Rn. 9). Die Vorschrift gebietet es aber nicht, einen In-Sich-Prozess innerhalb eines Hoheitsträgers zuzulassen, wenn der Konflikt durch eine gemeinsame Entscheidungsspitze der streitenden Behörden aufgelöst werden kann.   (2) Soweit § 161 Abs. 1 Satz 1 StPO der Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Ermittlungsbefugnis die Befugnis verleiht, von allen Behörden Auskunft zu verlangen, gelten die vorgenannten Erwägungen entsprechend.   (3) Die über Art. 35 GG hinaus aufgrund des Eingriffs in das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen erforderliche einfachgesetzliche Grundlage für die Überlassung von Gerichtsakten an Behörden führt zu keiner anderen Beurteilung. 2 Hierfür kommt es nicht darauf an, ob die Grundlage für die Gewährung von Akteneinsicht in betreuungsgerichtliche Gerichtsakten an eine Behörde in § 13 Abs. 2 FamFG oder in den landesrechtlichen Datenschutzregelungen ggf. in Verbindung mit der DS-GVO liegt (gegen § 13 Abs. 2 FamFG Senat, Beschl. v. 11.08.2020 - 6 VA 4/20; KG, Beschl. v. 20.05.2014 - 1 VA 7/14, BeckRS 2014, 11678; OLG Bamberg, Beschl. v. 17.1.2018, 6 VA 5/17, BeckRS 2018, 548 Rn. 12); denn keine dieser Vorschriften gewährt der ersuchenden Behörde ein eigenes Recht auf Akteneinsicht, das einer Regelung durch eine gemeinsame Entscheidungsspitze der beteiligten Stellen entzogen wäre.   cc) Unter diesen Voraussetzungen fehlt es der Versagung der Akteneinsicht durch den Antragsgegner bereits an der für eine Maßnahme der Justizverwaltung erforderlichen Außenwirkung. Die bloße Versagung der Akteneinsicht gegenüber einer Staatsanwaltschaft durch ein Gericht im Geschäftsbereich desselben Justizministeriums stellt für sich genommen eine rein justizinterne Maßnahme dar. Jedenfalls fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG, wenn der Konflikt durch eine gemeinsame Entscheidungsspitze aufgelöst werden kann. Dies gilt zumindest dann, wenn der Streit wie im Streitfall letztlich nur die Frage betrifft, wer die verfahrensrechtlich gebotene Anhörung der Betroffenen durchzuführen hat. 2 Ob eine Außenwirkung zu bejahen wäre, wenn die Gerichtsakten aus Gründen des gerichtlichen Verfahrens unabkömmlich sind und daher durch die ersuchte Akteneinsicht die Unabhängigkeit der Justiz betroffen ist, kann dahinstehen, denn entsprechendes steht im Streitfall nicht in Rede. 26  Der Umstand, dass das Amtsgericht im Streitfall über die Akteneinsicht durch Beschluss und damit in einer Entscheidungsform des Außenrechts entschieden hat, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung. Durch die Entscheidungsform kann das ersuchte Gericht der Entscheidung keine ihr nicht zukommende Außenwirkung verleihen. Ob etwas Anderes gilt, wenn der versagende Beschluss den Verfahrensbeteiligten des Verfahrens, in dessen Akten die Einsicht begehrt wird, bekannt gemacht wird, bedarf keiner Betrachtung. Ausweislich der Aktenlage fand im Streitfall eine solche Bekanntgabe nicht statt. Zwar ist die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts vom 16.06.2020 der Betroffenen und ihrer Betreuerin formlos mitgeteilt worden. Dies vermag aber eine Bekanntgabe des die Akteneinsicht versagenden Ausgangsbeschlusses selbst zumindest dann nicht zu ersetzen, wenn sich der Nichtabhilfeentscheidung wie im Streitfall der Gegenstand des Ausgangsbeschlusses nicht entnehmen lässt.
      OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.09.2020 - 6 VA 23/20, BeckRS 2020, 21916  
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