Absehen vom Regelfahrverbot: Typische Mischargumentation nutzte nix

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.11.2020
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht2|1672 Aufrufe

Der Betroffene hatte den Führerschein schon lange - und die Tat war schon 10 Monate her. Und Voreintragungen hatte er auch nicht. Das war natürlich kein Grund für das AG Lüdinghausen vom Regelfahrverbot abzusehen. Das OLG Hamm sah das auch so: 

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO).

 Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene (§ 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG).

 Gründe: 

 Zusatz:

 Ergänzend zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft ist anzumerken, dass von der Anordnung eines Fahrverbotes gem. § 4 Abs. 4 BKatV in Einzelfällen abgesehen werden kann, in denen der Sachverhalt zu Gunsten des Betroffenen so erhebliche Abweichungen vom Normalfall aufweist, dass die Annahme eines Ausnahmefalles gerechtfertigt ist und die Verhängung des Fahrverbotes trotz der groben bzw. beharrlichen Pflichtverletzung unangemessen wäre, wobei das Vorliegen erheblicher Härten oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher und durchschnittlicher Umstände ausreicht (OLG Hamm, Beschluss vom 20. März 2009 - 2 Ss OWi 138/09 -, Rn. 11, juris). Derartige Anhaltspunkte bietet der Sachverhalt nicht. Insbesondere sind der Umstand, dass der Betroffene - womöglich auch als langjähriger Inhaber einer Fahrerlaubnis - nicht vorbelastet ist und der Umstand, dass die Tat zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Aburteilung (erst) zehn Monate zurücklag, keine Umstände, die eine entsprechende Erörterung durch das Tatgericht geboten hätten (weder für sich allein noch zusammengenommen). Die Regelahndung nach der Bußgeldkatalogverordnung geht gerade nicht davon aus, dass der Betroffene vorbelastet ist (OLG Hamm, Beschluss vom 06. Februar 2006 - 2 Ss OWi 31/06 -, Rn. 21, juris).

OLG Hamm Beschl. v. 6.10.2020 – 4 RBs 321/20, BeckRS 2020, 26970

 

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2 Kommentare

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Das war natürlich kein Grund für das AG Lüdinghausen vom Regelfahrverbot abzusehen

Wer als langjähriger Inhaber einer Fahrerlaubnis nicht vorbelastet ist, hat meines Erachtens im Einzelfall durchaus Berücksichtigung verdient, zumindest wenn es sich um einen vorbildlichen Fahrer handelt. Auch sonst wird "natürlich" im Strafrecht die Ersttäter-Eigenschaft zu Recht strafmildernd berücksichtigt.

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Sie verkennen, dass der Bußgeldkatalog bereits von einem Ersttäter ausgeht. Warum sollte man also aus dem Umstand, aus dem bereits (nur) die Regelfolge zu verhängen ist, eben jene nochmal mildern?

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