Kommissionsvorschlag für faire Mindestlöhne

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 02.11.2020
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|2835 Aufrufe

Die EU-Kommission greift ein heikles Thema auf, nämlich neue, einheitliche Vorgaben für faire Mindestlöhne. Zur Erinnerung: Die Einführung „fairer Mindestlöhne“ war eines der Kernversprechen der neuen Kommissionspräsidentin von der Leyen. Der jetzt unterbreitete Richtlinienvorschlag - Brüssel, den 28.10.2020 COM(2020) 682 final 2020/0310 (COD) - fällt allerdings moderat aus. Weder soll die Einführung von Mindestlöhnen erzwungen werden, noch sieht der Vorschlag eine feste Koppelung an das mittlere Einkommen vor. Beide Regelungsvarianten wären vor dem Hintergrund der Regelungssperre des Art. 153 AEUV für das Arbeitsentgelt auch nicht rechtens. Wohl aber will die Kommission künftig Kriterien vorgeben, die bei der Festlegung von Mindestlöhnen zu berücksichtigen sind. Dazu zählen die Kaufkraft, Produktivität, Lohnentwicklung und Einkommensverteilung. Die Verfahren sollen transparent sein, Ausnahmen gut begründet und begrenzt sein. Außerdem sollen die Sozialpartner eingebunden werden und die Kontrollen verstärkt werden. Auch das wirft im Hinblick auf die Kompetenzgrundlagen Fragen auf. Das deutsche Mindestlohngesetz müsste, sollte der Vorschlag angenommen werden, sicherlich in einigen Punkten angepasst werden.

Bundesarbeitsminister Heil begrüßte den Vorschlag im Grundsatz. Er freue sich, „dass es eine Richtlinie sein wird mit entsprechender Verbindlichkeit“. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft werde den Vorschlag vorantreiben. Heil dürfte sich auch in seinen Plänen bestärkt fühlen, den deutschen Mindestlohn auf 12 Euro je Stunde zu erhöhen. Demgegenüber reagierten die Sozialdemokraten im europäischen Parlament enttäuscht. Sie hatten sich für eine Zielmarke des Mindestlohns in Höhe von 60 Prozent des nationalen Medianlohns eingesetzt. Schroffe Ablehnung kommt hingegen von der BDA. Die Arbeitgebervertreter sehen in dem Vorhaben eine Kompetenzanmaßung, die entschieden zurückgewiesen werden müsse. Beim Mindestlohn solle die Kirche im Dorf und bei den Sozialpartnern gelassen werden. Das weitere Schicksal des Kommissionsvorschlags ist offen und dürfte noch für kontroverse Diskussionen sorgen.

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