Änderungen der Regeln zur virtuellen Hauptversammlung beschlossen

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 20.12.2020

Der Bundestag hat am 17. Dezember 2020 im Rahmen des Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Patentrecht verschiedene Änderungen der Vorschriften zur virtuellen Hauptversammlung beschlossen; am 18. Dezember 2020 passierten die Änderungen auch den Bundesrat. Vorausgegangen waren eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 15. Dezember 2020 und ein Bericht des Ausschusses vom 16. Dezember 2020.

Bezugspunkt der Änderungen ist das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie (COVMG), das zum 28. März 2020 als Teil des Covid-19-Folgenabmilderungsgesetzes in Kraft trat (hierzu der Beitrag von Klaus von der Linden vom 27. März 2020).

Folgende Punkte werden geändert:

  • Anforderungen bei Aktionärsfragen:
    • Gesellschaften müssen Aktionären ein „Fragerecht“ (bislang: „Fragemöglichkeit“) einräumen (§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 COVMG n. F.), und der Vorstand entscheidet nach freiem, pflichtgemäßem Ermessen, „wie“ er Fragen (bislang: „welche Fragen er wie“) beantwortet (§ 1 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 COVMG n. F.). Nach Ansicht des Ausschusses steht das Fragerecht damit nach wie vor nicht dem Auskunftsrecht aus § 131 AktG gleich, da der Vorstand weiterhin ein Ermessen habe, Fragen und deren Beantwortung zusammenzufassen, wenn ihm dies sinnvoll erscheine.
    • Fragen sind nach Wahl des Vorstands spätestens einen Tag (bislang: zwei Tage) vor der Versammlung einzureichen (§ 1 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 COVMG n. F.).
  • Anträge und Wahlvorschläge von Aktionären: Unter den Voraussetzungen der §§ 126 f. AktG „gelten [Anträge und Wahlvorschläge] als in der Versammlung gestellt, wenn der [betreffende Aktionär] ordnungsgemäß legitimiert und zur Hauptversammlung angemeldet ist“ (sog. Fiktionslösung; § 1 Abs. 2 S. 3 COVMG n. F.).
  • Geltungszeitraum: Der Geltungszeitraum der aktien- und GmbH-rechtlichen Teile des COVMG (einschließlich virtuelle Hauptversammlung) wird gesetzlich bis zum 31. Dezember 2021 festgesetzt (§ 7 COVMG n. F.). Die Verlängerung war bislang durch eine Verordnung des BMJV vom 20. Oktober 2020 geregelt (hierzu mein Beitrag vom 16. Oktober 2020). Die maßgebliche Verordnungsermächtigung in § 8 COVMG bleibt unverändert; eine erneute Verlängerung über Ende 2021 hinaus ist damit nur per Gesetz möglich.

Nicht geändert werden durch das Gesetz u. a. folgende Punkte:

  • Anfechtungsausschlüsse: Auf eine Verletzung der Vorschriften über virtuelle Hauptversammlungen in § 1 Abs. 2 COVMG kann grundsätzlich keine Beschlussmängelklage gestützt werden (§ 1 Abs. 7 COVMG).
  • Verkürzte Vorbereitungsfristen: Dem Vorstand bleibt die Wahl zwischen allgemeinem und verkürztem Fristenregime (§ 1 Abs. 3 COVMG).
  • Teilnehmerverzeichnis: Der Rechtsausschuss spricht sich ausdrücklich gegen Anpassungen des § 129 AktG aus. Die Vorschrift – einschließlich der Rechte aus § 129 Abs. 4 AktG – sei im Rahmen virtueller Hauptversammlungen nicht suspendiert.

Die Änderungen zur virtuellen Hauptversammlung sollen zwei Monate nach der (noch ausstehenden) Verkündung des Änderungsgesetzes in Kraft treten.

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