Ein häufiger Fehler bei der (Wertersatz-)Einziehung von Betäubungsmitteln

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 30.12.2020

Ein Landgericht hat die Einziehung von Betäubungsmitteln (mal wieder) rechtsfehlerhaft auf § 73 StGB gestützt, wie sich aus dem Beschluss des BGH vom 9.12.2020 ergibt (Az. 5 StR 185/20 = BeckRS 2020, 36449):

„Zwar hat das Landgericht seine Einziehungsentscheidung fehlerhaft auf § 73 Abs. 1 StGB, § 73c StGB gestützt. Bei den vom Angeklagten erworbenen Betäubungsmitteln handelt es sich nicht um Taterträge im Sinne dieser Vorschriften, sondern um Tatobjekte, die gemäß § 33 Satz 1 BtMG, § 74 Abs. 2 StGB einzuziehen sind (BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2020 - 3 StR 37/20, wistra 2020, 467; vom 25. November 2020 - 5 StR 435/20, jeweils mwN).“

Zur Erinnerung: Unterscheidung zwischen Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten

§ 74 StGB unterscheidet zwischen Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten. Tatprodukte sind Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht wurden (producta sceleris). Im Betäubungsmittelrecht können dies beispielsweise Betäubungsmittel sein, die durch illegalen Anbau oder Herstellung gewonnen wurden. Tatmittel sind Gegenstände, die zur Begehung oder Vorbereitung von vorsätzlichen Taten gebraucht wurden oder bestimmt gewesen sind (instrumenta sceleris), wie z.B. die zum Transport benutzten Behältnisse und Fahrzeuge, Raucherutensilien und Waagen. Tatprodukte und Tatmittel können direkt über § 74 Abs. 1 StGB eingezogen werden.

Die Einziehung von Tatobjekten ist in § 74 Abs. 2 StGB geregelt, sie ist nur nach Maßgabe besonderer Vorschriften möglich. Tatobjekte sind solche Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, die den Gegenstand der von der Anklage umschriebenen und vom Gericht festgestellten Tat bilden, ohne dass sie producta oder instrumenta sceleris sind (Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, 9. Aufl. 2019, § 33 BtMG Rn. 10 m.w.N.), z.B. die gehandelten Betäubungsmittel selbst, die über § 33 BtMG i.V.m. § 74 Abs. 2 StGB eingezogen werden können.

Einziehung des Wertes von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei verkauften oder verbrauchten Betäubungsmitteln:

Hat der Täter oder Teilnehmer die Betäubungsmittel vor der Entscheidung über die Einziehung verwertet, etwa durch Veräußerung oder Verbrauch durch Eigenkonsum, so kann das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages bis zu der Höhe anordnen, die dem Wert des Gegenstandes entspricht (§ 74c Abs. 1 StGB). Dazu müssen die Betäubungsmittel dem Täter aber zur Zeit der Tat gehört oder zugestanden haben. Da Erwerbsgeschäfte über Betäubungsmittel – jedenfalls soweit sie im Inland abgewickelt werden – regelmäßig an § 134 BGB scheitern, scheidet die Einziehung des Wertes der Tatobjekte in der Regel aus (Volkmer aaO § 33 Rn. 80). Hierzu führt der BGH in der zitierten Entscheidung aus:

„Soweit - wie hier - die Betäubungsmittel verkauft oder zum Eigenkonsum verbraucht wurden, kommt eine Einziehung des Wertes der Tatobjekte nicht in Betracht. Denn eine solche Einziehung setzt nach § 74c Abs. 1 StGB voraus, dass die Gegenstände dem von der Anordnung Betroffenen gehörten. Für im Inland erworbene Betäubungsmittel ist das nicht der Fall, da dem Eigentumserwerb § 134 BGB entgegensteht (BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2020 - 3 StR 37/20, aaO; vom 24. September 2019 - 5 StR 269/19, NStZ 2020, 24)."

Im vorliegenden Fall ist der Wert der Erlöse aus dem Betäubungsmittelhandel indes gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c Satz 1 StGB einzuziehen...

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