OLG Köln: Zur Stimmrechtszurechnung wegen Acting in Concert nach § 30 Abs. 2 WpÜG bei Interessenschutzklauseln („Effecten-Spiegel/Deutsche Bank“)

von Achim Kirchfeld, veröffentlicht am 06.01.2021

Mit zwei weitgehend parallel formulierten Urteilen vom 16. Dezember 2020 (13 U 166/11 und 13 U 231/17) hat das OLG Köln konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen eine sog. Interessenschutzklausel eine Zurechnung von Stimmrechten nach § 30 Abs. 2 WpÜG wegen abgestimmten Verhaltens begründen kann.

Zurückverweisung durch den BGH zur Prüfung eines Acting in Concert

Ehemalige Postbank-Aktionäre hatten die Deutsche Bank auf Zahlung einer höheren Gegenleistung im Anschluss an das 2010 abgegebene freiwillige Übernahmeangebot der Deutschen Bank in Anspruch genommen. Sie begründeten dies damit, dass die Deutsche Bank bereits vor Angebotsveröffentlichung zur Abgabe eines Pflichtangebots verpflichtet gewesen wäre. Im Revisionsverfahren hatte der BGH mit Urteil vom 29. Juli 2014 (II ZR 353/12) die Sache an das OLG Köln zurückverwiesen, um festzustellen, ob eine Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG (sog. Acting in Concert) vorliege. Zu prüfen sei, so der BGH, ob sich die damalige Postbank-Muttergesellschaft im Rahmen einer sog. Interessenschutzklausel verpflichtet habe, ihr Stimmrecht in den Postbank-Hauptversammlungen nur unter Berücksichtigung der Interessen der Deutschen Bank auszuüben.

In einem Parallelverfahren zum selben Sachverhalt hatte das LG Köln mit Urteil vom 20. Oktober 2017 eine solche Zurechnung bereits bejaht (hierzu der Beitrag von Cornelius Wilk vom 8. Januar 2018).

Kein Acting in Concert bei Interessenschutzklausel zur Status-Quo-Wahrung

Das OLG Köln stellt nun zunächst fest, dass eine Interessenschutzklausel jedenfalls dann keine Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG begründet, wenn sie lediglich der Aufrechterhaltung des Status Quo für die Zeit bis zum Übergang des Unternehmens an den Bieter diene. Sofern keine über die allgemeine Leistungstreuepflicht nach § 242 BGB hinausgehenden Absprachen oder tatsächlichen Einflussnahmen festzustellen seien, sondern die Regelungen sich darin erschöpften, eine Gefährdung des Vertragszwecks zu verhindern, könnten sie weder als Unterordnung unter die Ziele des Bieters noch als kontrollbegründende Interessenberücksichtigung qualifiziert werden.

Vorliegend keine über die Wahrung des Status Quo hinausgehende Vereinbarung

Ein über die Status-Quo-Wahrung hinausgehender Interessenschutz sei hier nicht festzustellen. Insbesondere die vereinbarten zeitlich und inhaltlich begrenzten Zustimmungsvorbehalte in Bezug auf Postbank-Hauptversammlungsbeschlüsse seien als rein passive Abwehrrechte nicht kontrollbegründend. Auch die Vereinbarung einer gestaffelten Aktienübertragung begründe kein abgestimmtes Verhalten, sondern sei Ausdruck der Vertragsfreiheit. Nicht relevant sei ferner eine Abstimmung über die Besetzung von zwei Aufsichtsratsposten, denn sie habe die unternehmerische Ausrichtung nicht beeinflussen können und unterfalle zudem der Einzelfallausnahme des § 30 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 WpÜG.

Im Ergebnis verneint der Senat somit ein Acting in Concert. Die Revision wurde im Hinblick auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Auslegung der Zurechnungstatbestände des § 30 Abs. 2 WpÜG zugelassen.

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