Corona-Arbeitsschutzverordnung in Kraft getreten – Antworten des BMAS

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 27.01.2021
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht|3719 Aufrufe

Heute (27.1.2021) ist die neue SARS-CoV-2-Arbeitschutzverordnung in Kraft getreten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat von seinem sich aus § 18 Abs. 3 ArbSchG ergebenden Recht Gebrauch gemacht, wonach es in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes ohne Zustimmung des Bundesrates spezielle Rechtsverordnungen zum Arbeitsschutz für einen befristeten Zeitraum erlassen darf. Herzstück der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung ist eine erstmals statuierte Verpflichtung zum Angebot eines Homeoffice-Arbeitsplatzes, wenn auch nur für einen befristeten Zeitraum bis zum 15.3.2021. Hier ergeben sich zahlreiche Anwendungsfragen. Interessant ist, welche Antworten das BMAS gibt, wie also das Ministerium seine Verordnung interpretiert. Nachstehend auszugsweise einige auf den Internetseiten des Ministeriums eingestellte Antworten auf FAQs.

„2.2. Ist der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Beschäftigten Homeoffice anzubieten? Wer entscheidet die Frage, ob Homeoffice möglich ist?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Beschäftigten anzubieten, im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten, die sich dafür eignen, in ihrer Wohnung (Homeoffice) auszuführen, sofern zwingende betriebsbedingte Gründe dem nicht entgegenstehen. Die Entscheidung über die Eignung bzw. evtl. entgegenstehende Gründe trifft der Arbeitgeber.

2.3. Was sind mit Büroarbeit vergleichbare Tätigkeiten?

Vergleichbare Tätigkeiten sind in der Regel solche, die unter Verwendung von Informationstechnologien von zu Hause aus erledigt werden können.

2.4. Welche betrieblichen Gründe können gegen die Ausführung von Arbeiten im Homeoffice sprechen?

Viele Tätigkeiten in Produktion, Dienstleistung, Handel, Logistik etc. lassen eine Ausführung im Homeoffice nicht zu. Auch in anderen Bereichen können nachvollziehbare betriebstechnische Gründe vorliegen, die gegen eine Verlagerung ins Homeoffice sprechen. Dies kann z.B. in Betracht kommen, wenn die Betriebsabläufe sonst erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten. Beispiele können sein: mit einer Büro(-Tätigkeit) verbundene Nebentätigkeiten wie die Bearbeitung und Verteilung der eingehenden Post, die Bearbeitung des Warenein- und Ausgangs, Schalter- und Kassendienste bei weiterhin erforderlichen Kunden- und Mitarbeiterkontakten, Materialausgabe, Reparatur- und Wartungsaufgaben (z.B. IT-Service), Hausmeisterdienste und Notdienste zur Aufrechterhaltung des Betriebes, unter Umständen auch die Sicherstellung der Ersten Hilfe im Betrieb.

Technische oder organisatorische Gründe, wie z.B. die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten können i.d.R. nur vorübergehend bis zur Beseitigung des Verhinderungsgrunds angeführt werden. Ggf. können auch besondere Anforderungen des Datenschutzes und des Schutzes von Betriebsgeheimnissen gegen die Ausführung von Tätigkeiten im Homeoffice sprechen.

2.5. Können Beschäftigte verpflichtet werden, im Homeoffice zu arbeiten?

Arbeiten von zu Hause ist auch weiterhin an die Zustimmung der Beschäftigten geknüpft. Eine abweichende Festlegung des vertraglichen Arbeitsortes bedarf in jedem Fall einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Regelung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten oder einer Betriebsvereinbarung /betriebliche Vereinbarung. Privater Wohnraum der Beschäftigten liegt außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers. (Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung Artikel 13 GG). Homeoffice ist kein "ausgelagertes Büro". Auch die häuslichen Verhältnisse der Beschäftigten (z.B. kein geeigneter Bildschirmarbeitsplatz, räumliche Enge) können einer Arbeit im Homeoffice entgegenstehen.

2.6. Welche Möglichkeiten haben Beschäftigte, wenn Homeoffice möglich ist, aber der Arbeitgeber dies anders sieht? An wen können sich Beschäftigte wenden?

Wenn der Arbeitgeber Homeoffice verweigert, obwohl Arbeiten von zu Hause aus möglich wären, sollten die Beschäftigten zunächst mit dem Arbeitgeber darüber sprechen. Sie können sich auch an ihre betriebliche Interessenvertretung (Betriebs- oder Personalrat) wenden (sofern vorhanden) oder Kontakt mit den Arbeitsschutzbehörden aufnehmen (§ 17 ArbSchG). Auf Verlangen der Arbeitsschutzbehörde muss der Arbeitgeber die Gründe darlegen, weshalb Homeoffice nicht möglich ist.

2.7. Gelten die Anforderungen des Arbeitsschutzes auch im Homeoffice?

Das Arbeitsschutzgesetz und das Arbeitszeitgesetz finden auch bei Arbeit im Homeoffice Anwendung.

2.8. Muss der Arbeitgeber die Ausstattung für das Homeoffice zur Verfügung stellen?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber auch für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit im Homeoffice verantwortlich. Das heißt aber nicht, dass er den Beschäftigten umfassend alle erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss. Beschäftigte können im Homeoffice auch eigene Arbeitsmittel verwenden. Es bietet sich an, gemeinsam zu vereinbaren, ob und unter welchen Bedingungen Arbeitsmittel durch die Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden können. Der Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz im Homeoffice in die Gefährdungsbeurteilung einbeziehen und die notwendige Ausstattung festlegen. Er hat auch für die sichere Verwendung der Arbeitsmittel Sorge zu tragen.“

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