Streit im Wella-Werk beschäftigt Arbeitsgerichte: Betriebsrat pocht auf Mitbestimmungsrecht bei Einführung mobilen Arbeitens

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 07.02.2021
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht3|3458 Aufrufe

Über einen kurios anmutenden Rechtsstreit berichtet die FAZ (Bericht von Britta Berger in der online-Ausgabe vom 6.2.2021). Die Auseinandersetzung hat ihren Ursprung in der Zeit der ersten Corona-Welle im Frühjahr vergangenen Jahres und beschäftigt derzeit die hessische Arbeitsgerichtsbarkeit. Es geht um das Wella-Werk in Weiterstadt nahe Darmstadt. Die Firmenleitung wollte damals einen Teil der Belegschaft ins Homeoffice schicken. Das betraf vor allem 60 Beschäftigte aus der Verwaltung und der IT. Hiergegen ging indes der Betriebsrat vor. In zwei Eilentscheidungen vor dem ArbG Darmstadt und dem Hessischen LAG ist er damit unterlegen – ebenso im Hauptverfahren in erster Instanz. Jetzt liegt der Fall in zweiter Instanz wiederum beim LAG. Dem Betriebsrat geht es offenbar nicht um die Verhinderung mobilen Arbeitens an sich, sondern um die Wahrung seiner Mitbestimmungsrechte. Die bislang ergangenen Gerichtsentscheidungen haben jedoch in diesem Punkt die Rechtsansicht der Firmenleitung bestätigt. Das LAG Hessen meint, die Einführung des mobilen Arbeitens sei nicht mitbestimmungspflichtig, da es untrennbar mit dem Erbringen der Arbeitsleistung verknüpft sei. Das Mitbestimmungsrecht sei kein subjektives absolutes Recht, welches um seiner selbst willen gegeben sei, sondern diene dazu, zum Schutze der Arbeitnehmer mitgestaltend tätig zu werden. Ausschlaggebend sei letztlich, ob dieser Schutz der Beschäftigten gefährdet sei – aus der Sicht des Gerichts ist das im vorliegenden Rechtsstreit nicht der Fall. Nunmehr steht die Entscheidung des LAG im Hauptsacheverfahren an. Das Unternehmen hofft nach eigenen Angaben, dass der Betriebsrat seine Anträge zurücknimmt und „das völlig aus der Zeit fallende Verfahren beendet.“ Im Hinblick auf die gerade erlassene Corona-Arbeitsschutzverordnung, wonach Arbeitgeber sich stärker bemühen müssen, ihren Mitarbeitern das Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen, ist das nicht von der Hand zu weisen. Der Betriebsrat pocht hingegen darauf, dass der Arbeitgeber klarstellt, „dass er nicht weiter an seiner einseitigen Verfahrensweise festhält und nur auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung mobiles Arbeiten ermöglicht.“

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