VGH Kassel: Delisting erfordert auch bei insolventer Emittentin ein Erwerbsangebot

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 26.03.2021

Der VGH Kassel hat mit Beschluss vom 15. Januar 2021 (6 A 857/19.Z; BeckRS 2021, 1770) ein Urteil des VG Frankfurt am Main bestätigt, nach dem der Widerruf der Handelszulassung auf Antrag der Emittentin auch dann von einem Erwerbsangebot abhängt, wenn die Emittentin insolvent ist (zum Urteil des VG siehe mein Beitrag vom 21. September 2020). In seinem Beschluss lehnt der Senat den Antrag des Insolvenzverwalters der Emittentin auf Zulassung der Berufung ab.

Delisting auf Antrag der Emittentin nur nach Erwerbsangebot

Gemäß § 39 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BörsG ist ein Widerruf der Zulassung u. a. bei Aktien, die – wie im vorliegenden Fall – an keinem weiteren regulierten Markt zugelassen sind, nur dann möglich, wenn parallel zum Delisting-Antrag ein Angebot zum Erwerb aller Wertpapiere, die Gegenstand des Antrags sind, nach den Vorschriften des WpÜG veröffentlicht wurde. An der Richtigkeit der Auffassung des VG Frankfurt am Main, dass dieses Erwerbsangebot auch bei Insolvenz der Emittentin nötig ist, bestehen nach Ansicht des Senats keine ernstlichen Zweifel.

Keine ungeschriebene Ausnahme im Insolvenzfall

Nicht zu beanstanden sei es insbesondere, dass das VG eine teleologische Auslegung der Vorschrift abgelehnt habe, nach der § 39 Abs. 2 BörsG eine ungeschrieben Ausnahme für den Fall der Insolvenz der Emittentin enthalte. Eine solche ungeschriebene Ergänzung der Vorschrift um einen weiteren Widerrufsgrund sei nur möglich, wenn die Vorschrift planwidrig unvollständig sei. Gerade auf die fehlende Regelung des Insolvenzfalls sei der Gesetzgeber aber im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens im Jahr 2015 von Sachverständigen hingewiesen worden. Damit sei kein Raum mehr für eine entsprechende richterliche Rechtsfortbildung. Das gelte auch dann, wenn sich – wie vorliegend – ein Angebot wegen des eingeschränkten Börsenhandels auf den Erwerb der Aktien zum Preis von EUR 0 beziehe.

Die Entscheidung des VG Frankfurt am Main ist damit rechtskräftig.

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