Pauschal behauptet: "Ich kann keine Maske tragen!"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.04.2021
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht3|3416 Aufrufe

Heute ein OWi-Thema zum Schwerpunkt Corona. Dabei geht es um die Maskenpflicht. Der Betroffene wollte in einem Supermarkt keine Maske tragen. Er könne dies aus gesundheitlichen Gründen nicht. Ein Attest gab es nicht. Was nun? Muss man im OWi-Verfahren Beweis erheben? Sicher jedenfalls dann, wenn glaubhaft im Rahmen einer Einlassung die gesundheitlichen Gründe dargestellt werden. Das AG Schmallenberg ist hier einen anderen Weg gegangen. Es hat sich an verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen orientiert. Bei dem Betroffenen mit seinen eigenartigen Einlassungen sicher o.k. 

 

Der Betroffene wird wegen Nichttragens einer Alltagsmaske in geschlossenem Räumlichkeiten im öffentlichen Raum zu einer Geldbuße von 150,00 Euro verurteilt.

Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen.

Angewandte Vorschriften:§§ 1 Abs. 5, 3 Abs. 2 Nr. 1, 18 Abs. 2 Nr. 2 CoronaSchVO in der Fassung vom 30.10.2020; 28 Abs. 1, 32, 73 Abs. 1 a Nr. 24 IfSG in der Fassung vom 19.06.2020.

 

Gründe:

Der Betroffene begab sich am Mittwoch, den 04.11.2020 gegen 16.30 Uhr als Kunde in die geschlossenen Räumlichkeiten des B in der C. xx in T. Obwohl durch Schilder vor dem Betreten des Marktes ausdrücklich auf die Pflicht, eine Alltagsmaske zu tragen, hingewiesen wurde und dem Betroffenen dies auch bewusst war, betrat er die Räumlichkeiten und hielt sich darin auf. Als die Zeugin S, die damalige Filialleiterin des B, dieses bemerkte, sprach sie den Betroffenen an und erklärte ihm, dass er nur mit dem vorgeschriebenen Mund- und Nasenschutz den Markt betreten dürfe. Der Betroffene weigerte sich jedoch, einen Mund-Nasen-Schutz aufzusetzen. Auch verließ er dann auf Aufforderung nicht die Räumlichkeiten des Marktes, sondern erklärte, die Marktleiterin solle dann doch die Polizei rufen. Der Betroffene stand dann an den Packbändern an der Kasse bis die Polizei eintraf. Erst dann verließ er den Markt.

Der Betroffene räumte den Sachverhalt im Hauptverhandlungstermin ein. Er ist jedoch der Ansicht, er brauche keine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Dies sei ihm gesundheitlich nicht zumutbar. Zum einen habe er Probleme mit dem Gleichgewichtsnerv. Er sei in N bereits aus einem Laden raus und umgekippt. Zum zweiten beziehe er sich auf ein grundlegendes Thema. Er werde diskriminiert, wenn er rausgeschmissen werde. Er müsse Zugang zu Lebensmitteln haben. Wenn er die Maske aufsetze und ihm passiere etwas, dann hafte niemand dafür. Er kaufe nicht mehr selbst ein, das mache seine Partnerin. Er nehme das Risiko nicht mehr in Kauf. Er sei alles andere als ein Gefahrenbringer und halte auch die Abstandsregeln ein. Er laufe nicht mehr durch Läden, aber es sei eine Schande, dass es in Deutschland so weit gekommen sei. Er habe sich jedoch bewusst kein Attest besorgt. Denn der Arzt müsse ja auch darauf vertrauen, was er ihm sage. Er stelle deshalb seine eigenen Regeln auf, wenn es um seine Gesundheit gehe.

Der Betroffene hat sich der ihm im Bußgeldbescheid zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit schuldig gemacht.

An der Rechtmäßigkeit der Verpflichtung des Betroffenen im öffentlichen Raum, also auch in einem öffentlich zugänglichem Verkaufsraum für Lebensmittel, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, besteht auch unter Berücksichtigung der Freiheitsrechte aus Art. 2 GG keinerlei Zweifel. Mit der Anordnung einer Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Personennahverkehr und beim Einkaufen in Ladengeschäften sind keine unverhältnismäßigen Grundrechtsbeeinträchtigungen verbunden (OVG Magdeburg Beschl. v. 11.6.2020 – 3 R 102/20, BeckRS 2020, 12249). Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung mag mit Unannehmlichkeiten verbunden sein. Im Rahmen der hier zu treffenden Abwägung ist jedoch dem Schutz überragend gewichtiger Gemeinwohlbelange wie dem Leben und der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung ein höheres Gewicht gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit und ggf. dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit beizumessen (OVG Magdeburg Beschl. v. 11.6.2020 – 3 R 102/20, BeckRS 2020, 12249; OVG MV, Beschluss vom 20. Mai 2020 - 2 KM 384/20 OVG - juris Rn. 23; OVG NRW, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 13 B 557/20.NE - juris Rn. 112; VGH BW, Beschluss vom 18. Mai 2020 - 1 S 1357/20 - juris Rn. 41 ff.; SaarlOVG, Beschluss vom 13. Mai 2020 - 2 B 175/20 - juris Rn. 23; OVG SH, Beschluss vom 13. Mai 2020 - 3 MR 14/20 - juris Rn. 24; HessVGH, Beschluss vom 5. Mai 2020 - 8 B 1153/20.N - juris Rn. 43; siehe auch die Folgenabwägung des NdsOVG, Beschluss vom 5. Mai 2020 - 13 MN 119/29 - juris Rn. 49).

Auch soweit sich der Betroffene darauf beruft, aus persönlichen gesundheitlichen Gründen von der Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit zu sein, kann dies sein Verhalten weder rechtfertigen noch entschuldigen.

Für die Glaubhaftmachung gesundheitlicher Gründe für eine Befreiung von der Maskenpflicht ist regelmäßig die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung erforderlich. Darauf, ob diese Bescheinigung nachvollziehbare Befundtatsachen sowie eine Diagnose enthalten muss, damit die Verwaltung bzw. das Gericht in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen in den ärztlichen Bescheinigungen selbständig zu prüfen (so VGH N Beschl. v. 8.12.2020 – 20 CE 20.2875, BeckRS 2020, 34824) oder ob eine solche ärztliche Bescheinigung ohne Diagnose ausreichend ist (so OVG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 4.1.2021 – OVG 11 S 132/20, BeckRS 2021, 2, ), kommt es hier nicht an.

Denn der Betroffene besitzt keine ärztliche Bescheinigung und weigert sich ausdrücklich, auch nach seinen Bekundungen im Hauptverhandlungstermin, eine solche mitzuführen. Daher bestand in jedem Fall eine Verpflichtung zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes. Denn von dieser Verpflichtung bei medizinischen Gründen wird nach § 3 Abs. 4 Nr. 4 S. 2 CoronaSchVO nur derjenige befreit, der diese medizinischen Gründe auch durch ein ärztliches Zeugnis nachweist. Müsste hingegen die Behörde jeweils den Nachweis führen, dass - wie im absolutem Regelfall anzunehmen-  gesundheitliche Bedenken gegen das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes nicht vorliegen, würden nur noch einsichtige Bürger den Schutz tragen und der Infektionsschutz wäre unmöglich. Damit gibt es auch an der Verpflichtung, im Falle eines ausnahmsweise vorliegenden medizinischen Grundes, der das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes unzumutbar macht, diesen durch ärztliche Bescheinigung nachzuweisen auch keinen vernünftigen Zweifel.

Dies führt dazu, dass das Gericht nicht gehalten ist, auf die pauschale Behauptung des Betroffenen, er könne aus medizinischen Gründen keinen Mund-Nase-Schutz tragen,  im Wege des Amtsermittlungsverfahrens ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage einzuholen.

Der Betroffene hat mithin nach den Feststellungen im Hauptverhandlungstermin aufgrund seiner eigenen Einlassung eine Ordnungswidrigkeit nach den 1 Abs. 5, 3 Abs. 2 Nr. 1, 18 Abs. 2 Nr. 2 CoronaSchVO in der Fassung vom 30.10.2020; 28 Abs. 1, 32, 73 Abs. 1 a Nr. 24 IfSG in der Fassung vom 19.06.2020 begangen. Nach § 73 Abs. 2 IfSG kann eine solche Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25.000,00 Euro geahndet werden.

Der Bußgeldkatalog zur CoronaSchVO NRW sieht für das Nichttragen einer Alttagsmaske als Kunde einen Betrag von 50,00 Euro vor. Entgegen der Annahme im Bußgeldbescheid lag keine vollziehbare Anordnung, den Verstoß zu beenden im Sinne des öffentlichen Rechts vor, so dass eine Verdoppelung gem. Abs. 4 des Bußgeldkatalogs nicht angezeigt war. Festzuhalten ist allerdings, dass der Bußgeldkatalog das Gericht nicht bindet und nur den Behörden vorschreibt, Verstöße gegen die CoronaSchVO entsprechend zu ahnden. Das Gericht hat die Höhe der Geldbuße nach § 17 OWiG zu bemessen. Dabei liegt die Bemessung der Geldbuße grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters, der sich ein umfassendes Bild von der Tat und dem Täter bilden muss (KK-OWiG/Mitsch, 5. Aufl. 2018, OWiG § 17 Rn. 30).

In diesem Rahmen war eine Geldbuße von 150,00 Euro angemessen. Denn das Verhalten des Betroffenen, den rechtswidrigen Zustand aufrecht zu erhalten und weder einen Mund-Nasen-Schutz anzulegen, noch trotz Aufforderung die Räumlichkeiten zu verlassen, bedeutet nicht nur eine überdurchschnittliche erhöhte Beeinträchtigung des angestrebten Infektionsschutzes, sondern eine bewusste und provokative auf Uneinsichtigkeit beruhende sozialschädliche Verhaltensweise. Letztlich war hier auch der Straftatbestand des Hausfriedensbruches gem. § 123 StGB erfüllt. Dessen Verfolgung scheitert nur am mangelnden Strafantrag. Die Rechtsauffassung des Betroffenen, ein Hausfriedensbruch liege nur vor, wenn er auf Aufforderung der Polizei den Markt nicht verlasse bzw. ein Hausfriedensbruch könne nicht vorliegen, weil er das Recht habe auch ohne Maske Lebensmittel einzukaufen, ist schlicht falsch. Auch in Anbetracht des Einkommens erscheint daher eine solche Geldbuße zur Einwirkung auf den Betroffenen, in Zukunft ein solches Verhalten zu unterlassen, dringend angezeigt.

Amtsgericht Schmallenberg, Urt. v. 17.2.2021 - 6 OWi-211 Js 4/21 OWi-1/20

 

 

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3 Kommentare

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Ein weiteres Fehlurteil -- nichts besonderes bei den coronagläubigen Richtern, die zur Sachaufklärung zu faul sind.

Es genügt nicht, auf vewaltungsgerichtliche Urteile im einstweiligen Rechtsschutz zu verweisen. Denn diese lassen stets die Frage offen, ob die Maßnahmen gerechtfertigt sind.

Vielmehr wäre es Aufgabe des Gerichts gewesen aufzuklären, inwieweit Masken im Supermarkt überhaupt einen Nutzen haben können. Dazu gibt es genügt wissenschafltiche Literatur, die feststellt, dass Masken weder sinnvoll noch unschädlich sind. Erstaunlicherweise kann der Staat keine einzige wissenschafltich fundierte Begründung für seine Maßnahmen liefern.

 

Neuer Versuch:

Das Amtsgericht Schmallenberg hat seine Aufgaben nicht gemacht. Es hätte prüfen müssen, ob die Maskenpflicht überhaupt notwendig und sinnvoll war. Es gibt rechtskräftige gegenteilige Urteile, die auf Sachverständigengutachten basieren. Für die Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen konnte bislang von keiner Landesregierung ein Nachweis erbracht werden.

Es genügt gerade nicht, auf die Entscheidungen des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes zu verweisen, da die Verwaltungsgerichte es stets offen gelassen haben, ob die Maßnahmen sachlich gerechtfertigt sind. Diese Sachfrage ist in einem Hauptsacheverfahren noch zu ergründen.

Wenn Richter einfach alles vorbehaltlos glauben, was Regierungen und Presse hinfantasieren, dann können wir uns die Gerichte sparen.

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