Kündigung eines Lehrers wegen Tätowierungen aus der rechtsextremen Szene wirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 17.05.2021
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|2073 Aufrufe

Tätowierungen können zwar als Ausdruck der Entfaltung der individuellen Persönlichkeit aufgefasst werden. Im Arbeitsverhältnis sind jedoch gewisse äußerste Grenzen zu wahren. Diskutiert worden sind solche Grenzen vor allem bei der Einstellung von Bewerbern in den Polizeivollzugsdienst. Tätowierungen kommen in Ausnahmefällen aber auch als Kündigungsgrund in Betracht. So im jetzt vom LAG Berlin-Brandenburg (12.5.2021 - 8 Sa 1655/20, PM 14/21) entschiedenen Fall eines Hennigsdorfer Lehrers für Biologie und Chemie. Dieser hatte sich im Sommer 2018 an einem heißen Tag auf dem Sportfest seiner Schule mit freiem Oberkörper präsentiert. Doch was unter dem T-Shirt zum Vorschein kam, schockierte die Kollegen. Auf seinem Oberkörper befanden sich Symbole aus der rechtsextremen Szene wie die „Wolfsangel“ und die „Schwarze Sonne“. Auf seinem Bauch prangte in Frakturschrift der SS-Spruch: „Meine Ehre heißt Treue.“ Das Land Brandenburg hatte das Arbeitsverhältnis des als Quereinsteiger eingestellten Lehrers gekündigt. Mit einer Klage gegen diese Kündigung war der Lehrer im Dezember 2019 vor dem Arbeitsgericht Neuruppin zunächst erfolgreich gewesen. Die Entscheidung fiel dabei allerdings auf formalen Gründen. Daraufhin kündigte das Land dem Quereinsteiger erneut. Doch auch diese Kündigung erklärte das Neuruppiner Gericht für unwirksam mit der Begründung, dass das Strafverfahren gegen den 38-Jährigen noch nicht abgeschlossen sei und seine fehlende Eignung für den Beruf des Lehrers nicht mit Sicherheit habe festgestellt werden können. Das sah das LAG nun anders. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Tätowierungen ließen auf eine fehlende Eignung als Lehrer schließen. Zur Eignung als Lehrer gehöre auch die Gewähr der Verfassungstreue. Aus den hier zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tätowierungen, u.a. „Meine Ehre heißt Treue“ in Frakturschrift über dem Oberkörper könne auf eine fehlende Verfassungstreue geschlossen werden. Die ergänzenden Worte „Liebe Familie“ unterhalb des Hosenbundes änderten hieran nichts, da diese regelmäßig nicht zu sehen seien. Da für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung abzustellen sei, komme es auf eine etwa erfolgte zwischenzeitliche Änderung oder Ergänzung der Tätowierung nicht maßgeblich an. Da die Kündigung bereits aus diesem Grund wirksam sei, komme es auf die vorliegende, bisher nicht rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung nach § 86a StGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) nicht an.

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