"Lockerungen" je nach "Lage" - nochmals zur Minderung der Gewerbemiete in Coronazeiten

von Dr. Michael Selk, veröffentlicht am 30.05.2021
Rechtsgebiete: Miet- und WEG-RechtCorona|1877 Aufrufe

Schon vor einigen Wochen hatte ich an dieser Stelle auf Unstimmigkeiten der h.M. verwiesen, die bekanntlich eine Minderung der Gewerbemiete bei coronabedingten behördlich veranlassten Schließungen ablehnt. Nähere Ausführungen zu meiner Argumentation finden sich im nun erschienenen Aufsatz in der NZM 2021, 369ff. Der Aufsatz ist im April gefertigt worden, zu einer Zeit, als noch gar nicht absehbar war, wie sich die Infektionslage weiter entwickelt. Die letzten Wochen haben allerdings meinen Standpunkt bekräftigt:

Heute zeigt ein Blick auf die Inzidenzkarte des RKI, dass je nach Kreis, kreisfreier Stadt bzw. Bundesland die Öffnungen der gewerblichen Objekte nach und nach zunehmen. In Hamburg ist auch von einer Öffnung der Innengastronomie die Rede, nachdem - anders als in zahlreichen Kreisen der benachbarten Bundesländer - die Außengastronomie in Hamburg Wochen später öffnete. Je nach Lage also ein anderes Bild.

Und das ist genau der Punkt, mit dem sich die h.M. bislang nicht auseinandergesetzt hat. Verlangen BGH und OLG München für die Bejahung eines Mangels, "dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit ... der Lage des Pachtobjekts im Zusammenhang steht" (s. nur OLG München NZM 2021, 226 Rn 3 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des XII. Zivilsenats; Hervorhebung vom Verf.), so liegt selbstverständlich ein Mangel der Mietsache vor.  Wenn ein Geschäft in einem Kreis öffnen darf, in der benachbarten Stadt aber nicht, wenn ein Restaurant draußen Gäste empfangen darf, wenige hundert Meter weiter hinter der Kreisgrenze aber eine andere Gaststätte nicht: dann ist dies der Klassiker für die Bejahung des Merkmals "Lage" als mangelbegründenden Umstand, zumal nichts unmittelbarer wirkt als eine behördlich angeordnete Schließung.

Zu den weiteren Argumenten, die nicht wirklich überzeugen, habe ich im Aufsatz ebenfalls Stellung genommen.

Mittlerweile sind jedenfalls zwei Revisionen beim XII. Zivilsenat des BGH anhängig.

 

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