Präzision? Präzision!

von Dr. Oliver Elzer, veröffentlicht am 19.06.2021
Rechtsgebiete: Miet- und WEG-RechtZivilverfahrensrecht2|13110 Aufrufe

Überall ist von Eigentumswohnungen zu lesen. Ein Beispiel. Bei BGH, Urteil v. 22.4.2021 - III ZR 164/19 heißt es Rn. 2 wie folgt:

"Die Beklagte beurkundete am 12. März 2008 ein vom Kläger und seiner Ehefrau gegenüber der Verkäuferin, der R. GmbH & Co. KG, abgegebenes Vertragsangebot zum Kauf einer vermieteten, 55 qm großen Eigentumswohnung in C. zum Preis von 87.500 €."

Ist der Begriff falsch? Nein, ist er nicht. Wenn man das Sondereigentum meint. Denn das Sondereigentum ist echtes Eigentum. Man kann das Sondereigentum umgangssprachlich "Eigentumswohnung" nennen. Kann man aber eine "Eigentumswohnung" kaufen? Nein, das geht nicht, siehe § 6 WEG. Man kann nur Wohnungseigentum kaufen. Und so sollte es im Tatbestand eines Urteils oder in Schriftsätzen stehen. Denn diese stammen nicht von Laien. Hier sollte man präzise formulieren. Ansonsten kommt man leicht in eine Denkfalle. Denn wer Wohnungseigentum kauft, kauft fast nur gemeinschaftliches Eigentum. Das Sondereigentum ist fast nur Luft, ist es kein Stellplatz (dann haben wir ein Teileigentum vor uns) oder Annexeigentum.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Intereressante Überlegung, aber: Man kanns auch übertreiben mit der Präzision, vor allem wenn der juristische Terminus im Sprachgebrauch eher unüblich ist. Die Urteile sind zwar von Juristen gemacht, aber für Nichtjuristen gedacht. Mit der "Eigentumswohnung" ist im Rechtssinne natürlich das "Wohnungseigentum" gemeint; das ist offenkundig und versteht jeder so.

An anderer Stelle würde ich eher beipflichten und mir mehr Präzision in gerichtlichen Urteilen wünschen, nämlich bezüglich des fast schon inflationär gebrauchten Begriffs der "Sanierung" - den es im WEG-Recht nicht gibt und dem auch keiner der rechtlichen Begriffe direkt entspricht, denn typischerweise beinhaltet eine "Sanierung" Elemente der Erhaltung und der Modernisierung = bauliche Veränderung.

Was den Begriff der "Sanierung" angeht, sehe ich es seit Jahren 1:1 so (siehe nur Erhalten – nicht sanieren!).

Im Übrigen stimme ich aber nicht zu. Denn es ist gerade nicht das Wohnungseigentum gemeint. Etwa der BGH schreibt ja, wie zitiert, die Eigentumswohnung sei vermietet. Der Wohnungseigentümer kann aber nur sein Sondereigentum vermieten, nicht sein Wohnungseigentum. Jedenfalls wäre er dazu nur schuldrechtlich in der Lage und zB beim Treppenhaus in einer Zwangsmühle. Das wird er kaum wollen. Hier will er nicht vermieten, sondern nur Gebrauchsrechte einräumen.

Kommentar hinzufügen