Arbeitsgericht Frankfurt kassiert Kündigung einer Wirecard-Analystin durch die Commerzbank

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 14.07.2021
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1953 Aufrufe

Die Commerzbank hat im Streit mit einer entlassenen Wirecard-Analystin eine Niederlage vor Gericht kassiert. Ein Commerzbank-Sprecher bestätigte einen Bericht der „WirtschaftsWoche“, wonach die betroffene Analystin Heike Pauls, die jahrelang Aktien des Pleite-Konzerns Wirecard zum Kauf empfohlen hat, vor dem Arbeitsgericht Frankfurt (Az. 16 Ca 733/21) gewonnen habe. Das Magazin zitierte eine Sprecherin des Gerichts mit der Aussage, die Klägerin habe ganz überwiegend obsiegt. „Insbesondere wurde ihren Kündigungsschutzanträgen und dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben.“ Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Commerzbank hatte das Arbeitsverhältnis mit Pauls Anfang des Jahres beendet. Die Analystin hatte die Wirecard-Aktie bis kurz vor der Insolvenz zum Kauf empfohlen und kritische Berichte in der „Financial Times“ über angebliche Bilanzunregelmäßigkeiten bei Wirecard als „Fake News“ bezeichnet. „Es ist offensichtlich, dass viele der Vorwürfe eindeutig konstruiert wurden“, betonte sie damals – und rief ein Kursziel von 230 Euro je Aktie aus, unter anderem, weil sich Wirecard in einer „sehr, sehr attraktiven Branche“ befinde. Im vergangenen April stand der Kurs bei gerade einmal rund 120 Euro. Auch nachdem das KPMG seinen kritischen Bericht vorgelegt hatte, hielt Pauls an ihrer Einschätzung fest. „Wir sehen eine günstige Kaufgelegenheit“, schrieb sie in ihrer letzten Studie vom 18. Mai 2020. Wirecard meldete im Juni 2020 Insolvenz an, nachdem Luftbuchungen über fast zwei Milliarden Euro bekannt wurden. Auch wird Pauls vorgeworfen, exklusive Informationen eines kritischen Investors mit einem Wirecard-Vorstand ausgetauscht haben – das Unternehmen also gleichsam vorgewarnt haben, damit es sich in seiner Öffentlichkeitsarbeit gegen Vorwürfe wehren konnte. Damit hätte sie – so der Vorwurf - gegen das Gebot verstoßen, dass sich Analysten neutral verhalten sollten.

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