BayObLG: Keine Prüfung der Richtigkeit einer Auskunft im aktienrechtlichen Auskunftserzwingungsverfahren
von , veröffentlicht am 28.10.2021Das BayObLG hat mit Beschluss vom 20. September 2021 (101 ZBR 134/20; BeckRS 2021, 30792) entschieden, dass im Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 AktG grundsätzlich nicht zu prüfen ist, ob eine vom Vorstand erteilte Auskunft inhaltlich richtig ist.
Absicherung der Richtigkeit durch Anspruch auf eidesstattliche Versicherung
Mit der Erteilung der Auskunft werde der Auskunftsanspruch des Aktionärs nur dann nicht erfüllt, wenn die Auskunft nicht ernst gemeint, ersichtlich unvollständig oder von vornherein unglaubhaft sei. Gebe es hierfür Anhaltspunkte, so habe der Aktionär entsprechend § 259 Abs. 2, § 260 Abs. 2 BGB Anspruch darauf, dass der Auskunftsschuldner die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Auskunft an Eides statt versichere. Nach den Vorschriften hat ein Rechenschaftspflichtiger die Richtigkeit seiner Angaben eidesstattlich zu versichern, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Angaben nicht ausreichend sorgfältig gemacht wurden. Die Vorschriften, so der Senat, seien auch in Bezug auf den Auskunftsanspruch des Aktionärs als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zu verstehen. Dies entspreche dem Zweck des Auskunftserzwingungsverfahrens, das Informationsbedürfnis des Aktionärs auf einem einfachen, schnellen und billigen Weg zu befriedigen. Die gerichtliche Überprüfung der Richtigkeit einer Auskunft sei gerade dann mit Schwierigkeiten verbunden, wenn der Auskunftsgläubiger auf sie angewiesen sei, weil ihm andere Erkenntnisquellen nicht zur Verfügung stünden. Auch dem Auskunftsschuldner sei es oft nicht möglich, die Richtigkeit der Angaben (z. B. zu inneren Tatsachen) zu belegen.
Mögliche Abstufung der Anträge im Auskunftserzwingungsverfahren
Der Aktionär könne den Hilfsanspruch auf eidesstattliche Versicherung ebenfalls im Auskunftserzwingungsverfahren – ggf. im Wege eines Stufenantrags – geltend machen und müsse sich nicht auf den allgemeinen Zivilprozess verweisen lassen.
Uneinheitliches Meinungsbild
Das BayObLG stellt sich mit seiner Entscheidung gegen die herrschende Literaturansicht und gegen eine ältere Entscheidung des BayObLG selbst (17. Juli 2002, 3Z BR 394/01; BeckRS 2002, 30272810), von der der Senat ausdrücklich Abstand nimmt. Weitere OLG-Rechtsprechung zur Frage, ob das Gericht gemäß § 132 AktG auch die Richtigkeit einer Auskunft prüft, fiel bislang uneinheitlich aus; eine höchstrichterliche Stellungnahme existiert – soweit ersichtlich – noch nicht.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben
4 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenGast kommentiert am Permanenter Link
Sagen Sie mal, Herr Kollege, im Auskunftserzwingungsverfahren gibt es doch auch eine Mündliche Verhandlung und richterliche Hinweise, so wie in jedem anderen Prozess auch?
Gast kommentiert am Permanenter Link
Ich frage Sie, weil, wissen Sie, da gibt es eine Parallele, rudimentär geregelt in den §§ 172 ff StPO, mit der ich mich schon länger beruflich beschäftige, da kann man als Antragsteller auch etwas "erzwingen", nämlich alternativ (weitere) strafrechtliche Ermittlungen gegen einen Beschuldigten oder sogar eine Anklageerhebung gegen einen Angeklagten. Deswegen fände ich es ganz interessant zu wissen, wie denn die Parallele im Auskunftserzwingungsverfahren prozessual ausgestaltet ist.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Der Beschluss des BayObLG, 20.09.2021 - 101 ZBR 134/20 - dejure.org gehört zu den zur Zeit meistgesuchten Entscheidungen des BayObLG. Ich gehe davon aus, dass dieses Auskunftserzwingungsverfahren auf einer gesetzlichen Grundlage basierte und die Richter des BayObLG nicht nur auf der Grundlage eines "pflichtgemäßen Ermessens" prozessierten.
Gast kommentiert am Permanenter Link
Das gerichtliche Verfahren, in dem ein Auskunftserzwingungsverfahren ausgefochten wird, wird bei "Rechtsbehelfe im Auskunftserzwingungsverfahren - (goingpublic.de)" instruktiv erläutert. Es ist eben, im Gegensatz zum KlEV und zum EEV, ein rechtsstaatlich korrektes Verfahren auf einer gesetzlichen Grundlage, wie es sich eben für einen Rechtsstaat gehört.