LAG Köln: Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung endet bei Absinken unter den Schwellenwert

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 04.11.2021
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1584 Aufrufe

Sinkt die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer unter den in § 1 BetrVG genannten Schwellenwert von mindestens fünf Arbeitnehmern, so endet auch das Amt des Betriebsrats (ganz h.M. vgl. nur Fitting § 21 Rn. 31). Das Erreichen dieser Mindestzahl ist nicht nur Voraussetzung für die Wahl, sondern auch für den Bestand des Betriebsrats. Auch für die Schwerbehindertenvertretung gibt es einen vergleichbaren Schwellenwert. In § 177 Abs. 1 SGB IX heißt es: „In Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, werden eine Vertrauensperson… gewählt.“ Auch hier kann es sich ergeben, dass die Zahl der schwerbehinderten Menschen nachträglich unter diesen Schwellenwert absinkt. Über einen solchen Fall hatte jetzt das LAG Köln zu befinden: Im Betrieb des Arbeitgebers waren bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung am 13.11.2019 fünf Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte beschäftigt. Zum 1.8.2020 sank diese Zahl auf vier ab. Nachdem die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten hatte, die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung sei deshalb beendet, begehrte die Schwerbehindertenvertretung beim Arbeitsgericht die Feststellung, dass ihre Amtszeit nicht am 1.8.2020 aufgrund des Herabsinkens der Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter in dem Betrieb unter fünf beendet ist.

Das LAG Köln (Beschluss vom 31.8.2021 - 4 TaBV 19/21, PM 7/2021) gibt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz der Arbeitgeberin recht. Aus der Formulierung des § 177 Abs. 1 SGB IX lasse sich nicht entnehmen, dass hinsichtlich der erforderlichen Anzahl an schwerbehinderten Beschäftigten nur auf den Zeitpunkt der Wahl abzustellen ist. Auch die Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes sprächen für eine Übertragung des im Betriebsverfassungsrecht geltenden Grundsatzes, wonach bei einem Absinken der Mitarbeiterzahl unter den Schwellenwert die Amtszeit endet, auf die Schwerbehindertenvertretung. Im Hinblick auf die Beteiligungsrechte beider Gremien sei ein Gleichlauf geboten. Die Rechtsbeschwerde zum BAG wurde zugelassen.

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