OLG Düsseldorf: Im Normalfall muss im Urteil nicht so viel zu Poliscan-Messung stehen

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.11.2021
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3287 Aufrufe

Poliscan Speed ist anerkanntermaßen ein standardisiertes Messverfahren. Da muss im Urteil nicht viel stehen, wenn es keine Besonderheiten gibt. Das OLG Düsseldorf hat das gerade in einen prägnanten Leitsatz gegossen: Sind nach einer Geschwindigkeitsmessung mit dem Laserscanner PoliScan die bei der Verwendung des Auswerterahmens zu beachtenden Auswertekriterien erfüllt, bedarf es für die Zuordnung des Fahrzeugs in den Urteilsgründen jedenfalls dann keiner Ausführungen zu der Position der Hilfslinie, wenn allein das Fahrzeug des Betroffenen auf dem Messfoto abgebildet ist. Im Volltext liest es sich so:

 

 

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung derzulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h zu einer Geldbuße von 130 Euro verurteilt. Hiergegen richtet sich dessen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Bei Verhängung einer Geldbuße von nicht mehr als 250 Euro ohne Nebenfolge ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1 OWiG). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

1.

Eine Verfahrensrüge wegen Versagung des rechtlichen Gehörs hat der Betroffene nicht erhoben.

2.

Die Sachrüge bietet keinen Anlass, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen. Der Fall wirft sachlich-rechtlich keine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und abstraktionsfähige Rechtsfrage von praktischer Bedeutung auf.

In der Rechtsprechung ist hinreichend geklärt, dass es sich bei der Geschwindigkeitsmessung mit dem Laserscanner PoliScan um ein standardisiertes Messverfahren handelt (vgl. zu dem hier verwendeten Gerätetyp PoliScan M1 HP: OLG Braunschweig BeckRS 2017, 160492; OLG Zweibrücken BeckRS 2020, 5104; KG Berlin BeckRS 2020, 31900).

Die Beanstandung des Betroffenen, das angefochtene Urteil enthalte keine Ausführungen zu der „Behelfslinie“, ist nicht entscheidungserheblich.

Mit der ungebräuchlichen Bezeichnung „Behelfslinie“ meint der Betroffene offenbar die zum Grafikteil des Falldatensatzes gehörende Hilfslinie (vgl. Nr. 9.2 der Gebrauchsanweisung, Software-Version 3.7.4). Neben dem bekannten trapezförmigen Auswerterahmen enthält der Grafikteil bei Geschwindigkeitsverstößen zusätzlich eine Hilfslinie, die einem Maßstab der Breite 0,5 m entspricht. Dieser Wert kommt der Standardbreite von 0,52 m nahe, die ein einzeiliges Kfz-Kennzeichen aufweist (Abschnitt 1 Nr. 1 lit. a der Anlage 4 zur FZV).

Die in das Messfoto eingeblendete Hilfslinie visualisiert die Abtastebene durch das Messsignal, d. h. die Hilfslinie stellt die Mittelebene des sich aufweitenden Lasers optisch dar (vgl. PTB-Mitteilungen 2019, Heft 2, S. 79 u. 82; Smykowski NZV 2018, 358, 359).

Nach Nr. 9.5 der Gebrauchsanweisung müssen folgende Auswertekriterien erfüllt sein, um die im Datenfeld angezeigte Geschwindigkeit dem im Auswerterahmen positionierten Fahrzeug zuzuordnen:

    Bei Frontmessung müssen sich zumindest teilweise ein Vorderrad und/oder das Kennzeichen des Fahrzeugs innerhalb des Auswerterahmens befinden.

    Weitere Verkehrsteilnehmer, die sich auf der gleichen oder einer unmittelbar benachbarten Fahrspur in gleicher Fahrtrichtung bewegen, dürfen innerhalb des Auswerterahmens auch nicht teilweise zu sehen sein.

    Die Unterseite des Auswerterahmens muss sich unterhalb der Räder befinden.

Diese Auswertekriterien sind nach den getroffenen Feststellungen vorliegend uneingeschränkt erfüllt. Dies konnte der Senat anhand des Messfotos, auf das in dem Urteil wegen der Einzelheiten verwiesen worden ist (§ 71 Abs. 1 OWiG, § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO), durch eigene Anschauung nachvollziehen. Anzumerken ist, dass auf dem Messfoto allein das Fahrzeug des Betroffenen zu sehen ist, und zwar beim Befahren der mittleren Fahrspur der Autobahn.

Ausführungen zu der Position der Hilfslinie bedurfte es bei dieser eindeutigen Sachlage in den Urteilsgründen nicht. Die Gebrauchsanweisung sieht bei der Zuordnung des Fahrzeugs eine zusätzliche Heranziehung der Hilfslinie auch nicht vor. Die unabhängig von dem Auswerterahmen generierte Hilfslinie kann für eine zweifelsfreie Zuordnung allenfalls bei der Abbildung von zwei oder mehr Fahrzeugen in gleicher Fahrtrichtung von Bedeutung sein.

Im Übrigen ist die Hilfslinie entgegen dem Vorbringen des Betroffenen auch auf dem Messfoto (Bl. 1 untere Hälfte) erkennbar. Sie befindet sich knapp unterhalb der oberen Kante des Kühlergrills, wobei sich die hell eingeblendete Hilfslinie deutlich von dem dunklen Kühlergrill abhebt. Die Breite der Hilfslinie entspricht wie vorgesehen ca. der Breite des Kfz-Kennzeichens. Durch die Verweisung auf das Messfoto sind die dort ersichtlichen Einzelheiten der Abbildung, hier also auch die Position der Hilfslinie an der Fahrzeugfront, Bestandteil der Urteilsgründe.

3.

Auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht gegeben. Schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen durch die angefochtene Entscheidung nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

 

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.8.2021 - 2 RBs 145/21 bei nrwe

 

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