Im Saarland gilt das Grundgesetz noch besser als woanders: Lasermessungen mit Riegl nicht verwertbar?!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.11.2021
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht3|2933 Aufrufe

Die Überschrift lässt es erkennen. Ich bin etwas genervt. Die derzeit wohl wichtigste verkehrsrechtliche Kanzlei RAe Zimmer-Gratz hat einmal mehr einen Erfolg in einer OWi-Sache im Saarland beim dortigen OLG erzielt. Der Kanzlei gönne ich das - sie hat tatsächlich in den letzten Jahren viel für die Akteneinsicht der Betroffenen/Verteidiger getan. Irritiert bin ich eher von der Rechtsprechung an der Saar, die langsam alles im OWi-Recht auf den Kopf stellt. Wenn man der Kanzlei glauben darf (und das darf man sicher), dann ist das OLG darauf gestoßen worden, dass Riegl-Messgeräte gar keine Daten aufzeichnen. Blogleser*innen wussten das ja immer (und ich jedenfalls, so lange ich mich mit der OWi-Thematik befasse). Auf einmal stellt man das wohl auch im Saarland fest und hat damit ein Problem. Ich denke, andere OLGe werden da nicht mitziehen. Im Saarland sollte man aber seitens der Verkehrsüberwachung erwägen, vielleicht einfach die Verfolgung von OWis aufzugeben. Als nächstes sind sicher die Alkoholmessgeräte dran. Oder werden die Rohmessdaten dort gespeichert?

Genug gemeckert. HIER finden sich die Meldung der Anwaltskanzlei und auch die gescannte Entscheidung des OLG.

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3 Kommentare

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"Zu unserem Rechtsmittel nahm zunächst die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken Stellung und führte aus: Wenn ein faires und rechtsstaatliches Verfahren schon dann nicht gegeben sei, wenn die Rohmessdaten nicht gespeichert werden, müsse dies erst recht gelten, wenn weder die Rohmessdaten noch ein Messfoto vorhanden sind, die eine technische Überprüfung des Messergebnisses ermöglichen würden."

Wenn diese Wiedergabe der GenStA stimmt, wird so die Problematik der Rohmessdaten verdreht. Es ging bislang nie darum, dass eine bestimmte Qualität des Beweismittels hergestellt wird. Es ging immer nur darum, dass es nicht angängig ist, dass Daten, die einmal vorhanden waren, nicht herausgegeben werden müssen und stattdessen "ohne Not" der Berechnung einer Maschine vertraut werden soll.

Wenn es aber jetzt um die Qualität des Beweismittels an sich gehen soll, bleiben viele Fragen offen. Denn mit welchem Beweismittel soll sich dann überhaupt noch eine Geschwindigkeit nachweisen lassen? Auch bei der Beobachtung eines Beamten, Fahrzeug X habe in einer gestoppten Sekunde wenigstens drei Leitpfosten passiert, fallen keine Rohmessdaten an. Darf ein Gericht dann noch einfach dem Beamten Glauben schenken? Wenn nicht, können Geschwindigkeiten praktisch nicht mehr ins Verfahren (das muss ja dann auch für Strafverfahren gelten!) eingeführt werden. Wenn doch, wird sich kaum anzweifeln lassen, dass die Zeit-Wegstrecken-Messung erheblich ungenauer ist als jede Messung mit einer Laserpistole o.Ä. Wie kann es dann aber sein, dass die ungenauere Methode zulässig ist, während die technisch bessere Methode verwehrt bleibt?!

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Bei der Einführung des FG-21P wollte man u. a. gezielt den Zeugenbeweis durch den Polizeibeamten/die Polizeibeamtin stärken. Das hat jetzt nicht so super geklappt. (Aber das FG-21P ist ja eh ein Auslaufmodell.) Das gleiche Modell gab es auch mit Fotoeinrichtung. Das wollte man aber nicht.

Messgeräte sind heute grundsätzlich technisch in der Lage, Messwerte und Prozessdaten zu speichern. Wenn sie das nicht tun, ist das bewusst so gewollt, worin in erster Linie die staatlich angeordnete Intransparenz der PTB zum Ausdruck kommt. So langsam aber sicher scheint das System zu implodieren.

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Das Grundgesetz gilt im Saarland nicht besser, die dortigen Juristen ignorieren im Gegensatz zu der Mehrheit derjenigen im Rest der Replublik nur nicht die technischen Gegebenheiten.

In Anbetracht der nachgewiesenen massiven Abweichnungen weit außerhalb der Verkehrsfehlergrenze ist es technisch geradezu abenteuerlich, dass juristisch immer wieder wie folgt argumentiert wird: "Zulassung des Messgeräts durch die PTB = Messsicherheit".

Besonders übel ist, wenn dieses Argument auch noch als Grund dafür genannt wird, dass man keine Rohmessdaten benötige, um eine Einzelmessung prüfen zu können. Ohne die Rohmessdaten hätten die LED-Probleme der eso-Einseitensensoren weder aufgedeckt noch quantifiziert werden können. Und auch die Rohmessdaten der wenigen vorliegenden Leivtec XV3-Fehlmessungen zeigen einen Verlauf, der sich deutlich von demjeniger ordnungsgemäßer Messungen unterscheidet.

Wenn juristisch wenigstens noch die Auffassung vertreten würde, dass man aufgrund der Prozessökonomie eine geringe Zahl von Fehlmessungen hinnehme, könnte man die übliche Vorgehensweise in den OWI-Verfahren ja noch nachvollziehen. Aber aber so zu tun, als seien die Messgeräte nur wegen ihrere Zulassung unter allen Umständen über jeden Zweifel erhaben, ist technisch objektiv nicht haltbar.

Man kann nur hoffen, das das BVerfG dem Spuk der Blackbox-Messungen und der Beseitigung jeglicher Transparenz der Messgeräte ein Ende bereitet. Wenn sich das BVerfG technisch objektiv beraten lässt, wie es das Saarländische VerfG getan hat und die technischen Gegebenheiten nicht außer Acht lässt, ist es kaum vorstellbar, dass dort eine andere Entscheidung möglich ist als im Saarland.

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